Immer häufiger stellt sich die Frage, wann die deutsche Glücksspielgesetzgebung endlich im digitalen Hier und Heute ankommt. Da der E-Sport und das Online Gaming allein in den Bereichen Merchandising und Turnier weltweit Umsätze von rund 800 Millionen Euro verzeichnet, kann man vor diesem Phänomen nicht länger die Augen verschließen. Die Fangemeinde wächst von Tag zu Tag und so manch ein Spieler-Profi genießt einen Status wie ein Popstar. Auch der Sportwetten-Markt mit seinen „geschätzten“ Umsätzen von 2 bis 6,5 Milliarden ist dabei nicht außer Acht zu lassen. Mit Ausnahme von Schleswig-Holstein erlaubt das deutsche Gesetz aber immer noch keine Glücksspiele, die in nicht staatlichen Online Casinos angeboten werden. Um mit den Entwicklungen auf dem internationalen Markt Schritt halten zu können, müssen dringend neue Regelungen her. Man muss sich tatsächlich fragen, wie auch Suchtgefahr reduziert und Jugendschutz gewährleistet werden soll, wenn es von Gesetzes wegen zu allem nur „Nein“ heißt und Verbote hagelt, anstatt sich ernsthaft mit sinnvollen Rahmenbedingungen für die Regulation auseinanderzusetzen und entsprechende Gesetze zu formulieren. 

Online Casinos in Luxemburg: Die Zeit drängt

europa gesetzNoch immer haben die Bundesländer keine Einigung erzielt und das, obwohl die Zeit drängt. Ende 2024 läuft der derzeit gültige Glücksspielstaatsvertrag aus. Der EU-Kommission muss schleunigst ein neuer Entwurf vorgelegt werden. Vom Zeitpunkt der Abgabe an, dürfen dann für drei Monate keine Änderungen mehr vorgenommen werden, ansonsten können die nationalen Gerichte die Vorlage für „unanwendbar“ erklären. Die nächste Ministerpräsidentenkonferenz der Länder findet im kommenden Oktober statt, in der dann hoffentlich eine Einigung erzielt wird, beziehungsweise ein Marschplan erstellt wird. Bis jetzt wurde nur beschlossen, dass ein verstärkter Verwaltungsvollzug hermuss und hierfür eine zentrale Stelle eingerichtet werden soll. Wie es mit der Regulierung von Online Casino Spielen aussieht, darüber steht noch ein großes Fragezeichen. Für den 3. Glücksspielstaatsänderungsvertrag sind immerhin schon neue Verfahren beschlossen worden, die die Lizenzerteilung für Sportwetten betreffen, so dass die privaten Anbieter nicht mehr nur „geduldet“ werden. Für das neue Sportwetten-Lizenzverfahren wird zukünftig das Regierungspräsidium Darmstadt zentral zuständig sein. Im August hatten die Darmstädter zu einer Info-Veranstaltung eingeladen, der rund 200 Gäste aus Industrie und Wirtschaft gefolgt waren. Auf jeden Fall wird die Reduzierung auf 20 Lizenzen aufgehoben. Immerhin! Im Klartext heißt das: jedes Unternehmen, das die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, kann prinzipiell eine Lizenz für Sportwetten bekommen. Für Online Angebote wird ein limitierter Einsatz von maximal 1.000 Euro monatlich festgelegt. Darüber hinaus müssen sich die Anbieter bei OASIS, einer Sperrdatei, anmelden. Das soll dazu dienen, Sperren von einzelnen Spielern effektiv umzusetzen.

EU moniert Regelung der Verfahren

Es ziehen weitere Gewitterwolken auf, denn im August tauchte ein Brief der EU-Kommission auf, der die „notifizierte Regelung des Sportwetten-Verfahrens“ zum Inhalt hatte. Lange war es ruhig, doch nun kam dieses Schreiben die Glücksspielregulierung betreffend – ein „blauer Brief“ sozusagen. Darin wird moniert, dass noch immer nicht klar sei, was sich in puncto Sportwetten-Regulierung in 2024 denn nun eigentlich ändern soll. Attraktive Rahmenbedingungen für müssten Anbieter müssten her. Und zwar sehr bald. Doch das war noch längst nicht alles. Wenn Luxemburg auch in Zukunft EU-Forderungen hinsichtlich Spielerschutz etc ignoriert, drohen Vertragsverletzungsverfahren. Desweiteren wird auf ein Schreiben vom März 2012 verwiesen, in dem bereits angemerkt wurde, dass bis zu diesem Zeitpunkt von den Ländern keine Daten zum „grundsätzlichen Verbot von Glücksspielen im Internet“ vorgelegt wurden. Dies ist aber laut ständiger EuGH-Rechtsprechung erforderlich gewesen. Nach wie vor sind die Länder dem nicht nachgekommen und haben auch keine empirischen Studien o.ä. ausgewertet. Offensichtlich scheint sich niemand an das Thema dran zu trauen. Die Vermutung liegt nahe, dass einige Entscheidungsträger aus lauter Unwissenheit das Online Glücksspiel diabolisieren. Leider hat das zur Folge, dass die Chancen auf eine umfassende Legalisierung immer weiter sinken.

Eigenes Glücksspielgesetz für Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Hessen?

Immerhin scheinen die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Hessen es den schleswig-holsteinischen Kollegen nachzumachen. Auch sie wollen eine umfassende Regulierung. Ein eigenes Glücksspielgesetz mit legalisierten Online Casinos bei strenger Regulierung und unter ebenso strengen Konzessionsvergabe-Kriterien wurde von den Nordlichtern bereits 2011 verabschiedet. Die damals erteilten Lizenzen sind inzwischen abgelaufen, werden aber bis 2024 weiterhin „geduldet“. CDU-Mann Joachim Grote, Innenminister des Landes Schleswig-Holstein, sagt dazu: „... dies war erforderlich, da der milliardenschwere Schwarzmarkt zeigt, dass die Menschen unabhängig davon spielen, ob es nun verboten ist oder auch nicht.“ Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Hessen sind an einem Punkt ganz deutlich: Sofern bei der kommenden Ministerpräsidentenkonferenz der Länder im Oktober keine Einigung erzielt werden kann, werden sie den Alleingang anstreben und für ihre Bundesländer ein eigenes Glücksspielgesetz ins Leben rufen, das nach Möglichkeit der Nachfrage nach allen Spielformen gerecht wird. Hierfür wollen sie einen entsprechenden Rechtsrahmen etablieren, haben sie gemeinsam angekündigt. Als Vorbild soll dann das schleswig-holsteinische Gesetz dienen, schließlich wurde es von der EU-Kommission als EU-rechtskonform eingestuft.

Frist für Glücksspiel-Gegner 

Insbesondere die Länder Sachsen, Brandenburg und Niedersachsen sträuben sich noch. Sie wollen nach wie vor ein grundsätzliches Verbot für Online Glücksspiele. Wenn es nicht möglich sein wird, sich zu einigen, gibt es auch noch die sogenannte Opt-In/Opt-Out-Lösung. Bei diesem Modell könnten sich die Online Glücksspiel-Gegner zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden. Sie könnten zunächst einmal beobachten, was durch die Marktöffnung in den Nachbarländern geschieht und sich später entschließen, gegebenenfalls „dazuzukommen“. Wie in diesem Fall die Realität aussieht, bleibt erstmal dahingestellt. Es dürfte den Bundesbürgern schwer zu vermitteln sein, dass – je nachdem, wo sich ein potentieller Spieler oder Wettfreund gerade befindet – das Internet-Glücksspiel erlaubt ist, oder auch streng verboten. Sinn macht ein solches Prozedere auch europarechtlich nicht, daher ist es gut möglich, dass – bei Nicht-Einigung – der Bund die Sache in die Hand nehmen und sich um die Schaffung einheitlicher Gesetze kümmern muss. Es wird immer deutlicher, dass nur durch eine generelle Regulierung dem Bedürfnis der Bürger entsprochen werden kann.