SpielsuchtMorgens nach dem Aufstehen ein ausgiebiges Frühstück aus Kaffee und Zigarette. Danach geht es zur Arbeit und um im harten Konkurrenzkampf mitzuhalten, wird für die gute Laune und Leistungsfähigkeit ein Pille eingeworfen. Auf dem Weg nach Hause wird dann noch schnell ein paar Runden am Spielautomaten gezockt, um ein wenig den angestauten Frust von der Arbeit abzulassen. Und Abends wird dann noch ausgiebig der stressige Tag mit Bier und Wein zu Ende gebracht, bevor am nächsten Morgen das gleiche Spiel von vorn beginnt. Dieses gezeichnete Bild einer Person, beinhaltet sämtliche problematischen Süchte, die in Luxemburg ein große Rolle einnehmen. Doch welche dieser Süchte hat welche sozialen Auswirkungen und wie viele Menschen sind daran erkrankt? Dies ist einer der interessantesten Fragen zu diesem Thema, denn in der öffentlichen Wahrnehmung und der Politik werden die verschiedensten Süchte völlig unterschiedlich behandelt. Im Moment wird mal wieder die Spielsucht an Spielautomaten durchs Dorf getrieben und der Staat möchte mit massiven Eingriffen in die Gewerbefreiheit den Bürger vor sich selbst schützen. Vor kurzem hatten wir bereits die 102 Seiten umfassende Studie „Der Deutsche Glücksspielmarkt – eine volkswirtschaftliche Betrachtung“ analysiert und aufgezeigt, welchen Stellenwert der Glücksspielsektor für das Land besitzt. Hier wurden Steuereinnahmen und Arbeitsplätze den sozialen Kosten aus der Spielsucht gegenübergestellt. Nun erschien eine neue Studie, die sich mit allen Süchten in Luxemburg beschäftigt und diese zeigt auf, dass Spielsicht durchaus ein Problem ist, doch im Vergleich zu anderen Süchten in seinen Auswirkungen deutlich zurückfällt.

Spielsucht ist für Betroffene und Angehörige ein wichtiges Thema. Doch ebenfalls ist anzumerken, das jeder Einschnitt von Seiten des Staates alle Menschen betrifft und ihre persönliche Freiheit beschneidet. Vor dem Hintergrund des massiven Kahlschlags bei Spielotheken, der in dieser Form bei anderen abhängig machenden Produkten noch nie auch nur ansatzweise in Betracht gezogen wurde, lohnt sich ein Vergleich. Wie gefährlich ist denn die Spielsucht tatsächlich im Vergleich zu anderen Formen der Sucht?

 

Alkohol ist die gesellschaftlich am stärksten anerkannte Droge

Für viele ist der Genuss alkoholischer Getränke in Luxemburg ein fester Bestandteil der Kultur. Das Feierabendbier, der Weinabend oder auch Geburtstage und andere gesellschaftlichen Zusammenkünfte bringen die Deutschen dazu im Durchschnitt 135,5 Liter pro Jahr davon zu trinken. Wenn andere Bestandteile wie Wasser herausgerechnet werden, so ergeben sich immer noch 9,6 Liter reinen Alkohols. Diese Zahlen weist das Suchtbuch 2017 des DHS, dem Verein „Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen“ aus. Wenn nun diese 9,6 Liter reinen Alkohols auf die trink fähige Bevölkerung im Alter zwischen 15 und 65 aufgeteilt werden, liegen die Bundesbürger hier sogar bei 14,6 Liter. Diese gehörige Menge Alkohol ist verantwortlich für 3,38 Millionen Menschen, die im Jahr 2015 eine alkoholbezogene Störung aufwiesen. Diese teilen sich mit 1,61 Millionen in Missbrauch und 1,77 Millionen in Abhängigkeit. Währen diese Zahlen nicht schon allein erschreckend hoch, zeichnen auch andere Daten ein düsteres Bild. Mit 326.971 Fällen von Psychischen- und Verhaltensstörungen durch Alkohol, ist diese Diagnose die zweithäufigste aller Behandlungsfälle in Krankenhäusern. Bei Männer ist diese sogar mit Abstand die häufigste. Besonderen Höhenpunkt stellt die Zahl der rund 74.000 Toten dar, die jedes Jahr an den Folgen des Alkohol sterben.

An Hand der Auswertungen im Jahrbuch Sucht 2017 des DHS belaufen sich die sozialen Kosten, die die Behandlung von alkoholkranken Menschen verschlingt, auf rund 40 Milliarden Euro. Dem gegenüber stehen Steuereinnahmen von gerade einmal 3,191 Milliarden Euro.

 

Der Tabak sorgt für die meisten Todesfälle

Neben dem Alkohol ist der Genuss von Tabak, der zweite wichtige Faktor bei der Betrachtung der Süchte. Im letzten Jahr rauchten die Bundesbürger zusammen rund 75 Milliarden Zigaretten. Allerdings waren es 2015 noch rund 81 Milliarden gewesen. Dies entspricht einem Rückgang von 7,7 Prozent. Hauptsächliche Ursache für diese Abwärtsbewegung im Verbrauch, ist vor allem der stetig steigende Preis pro Schachtel Zigaretten. Aus diesem Grund ist auch keine wirklich große Abnahme bei der Gesamtmenge an Tabak, sondern nur eine Ausweichbewegung zu verzeichnen. Während die Zigaretten weniger konsumiert werden, steigen jedoch die Absatzzahlen bei Zigarren, Zigarillos und dem Pfeifentabak. Gerade letzter wird gern als Ersatz für Zigaretten verwendet. Während der Konsum von Zigarren und Zigarillos mit 3,2 Prozent recht moderat wuchs, so explodierte der Verkauf von Pfeifentabak im vergangen Jahr regelrecht. Um satte 45,6 Prozent ging es hier nach oben und dies trotz aller Maßnahmen der Politik. Unter allen Süchten ist es vor allem der Tabak, der massive Todesraten fordert. Allein im Jahr 2013 starben laut der Studie des DHS rund 121.000 Menschen an den Folgen des Rauchens und somit stellt dies 13,5 Prozent aller Todesfälle in Luxemburg dar.

Diese ungeheure negative Potential des Tabak hat natürlich auch gehörigen Einfluss auf die sozialen Kosten. Die DHS kommt hier in den Untersuchungen zu einem Gesamtbetrag von rund 79 Milliarden Euro. Die Studie „Der Deutsche Glücksspielmarkt – eine volkswirtschaftliche Betrachtung“ kam hingegen auf soziale Kosten zwischen  20 und 50 Milliarden Euro. Trotz der unterschiedlichen Zahlen der Kosten beider Studien, steht fest, dass diese in beiden Fällen die Steuereinnahmen von rund 15 Milliarden bei Weitem übersteigen.

 

Beim Glücksspiel sind die Steuereinnahmen höher als die sozialen Kosten

Bevor wir den Blick auf die Glücksspielsucht, die vor allem die Spielautomaten betrifft, werfen, lohnt sich auch noch ein kleiner Ausflug zur Sucht von Arzneimitteln. Hier kommt die DHS zum Ergebnis, dass zwischen 4 und 5 Prozent der verschrieben Pillen, ein Potenzial für ein Sucht bieten, Darunter sind vor allem Schmerzmittel und Psychopharmaka zu finden. Allein die verschriebenen Banzodiazepine reichen aus, um über 1 Million Abhängige zu versorgen. Doch wie sieht es nun mit dem so oft gescholtenen Bereich um das Glücksspiel aus? Die Analyse des DHS zeigt, dass sich die Nachfrage nach Beratungen zum Thema Spielsucht nur unerheblich verändert haben. So liegt die Hauptdiagnose Spielsucht immer noch bei 6,8 Prozent. Dabei weisen 23.600 Fälle den Befund „Pathologisches Spielen“ auf. Auf diese Gesamtzahl entfallen wiederum 72,2 Prozent auf Süchtige, die ihre Spielsucht an Automatenspielen frönen. Weitaus größer fallen jedoch die Zahlen der Zocker aus, die sich nicht in Behandlung befinden. Hier geht die DHS von 241.000 Menschen mit problematischem und von 215.000 Personen mit pathologischem Spielverhalten aus. Gerade die zuletzt genannte Gruppe zeichnet sich durch einen Kontrollverlust beim Zocken aus. Damit sind rund 450.000 Spieler in Luxemburg von Spielsucht betroffen oder stehen kurz davor hier hinein zu rutschen. Doch im Vergleich zu allen anderen großen Süchten, wie Alkohol, Tabak oder Medikamenten, geht hier die Zahl nicht in Millionen. Zudem sorgen alle anderen Süchte auch regelmäßig für Todesfälle im direkten Zusammenhang mit der einzelnen Sucht. So ehrenwert und so wichtig der Kampf gegen jede Suchtform ist, muss doch am Ende festgestellt werden, dass die Maßnahmen gegen die Spielsucht in keinem Verhältnis zu den Auswirkungen und Gefahren stehen. Zumindest wenn alle Süchte miteinander verglichen werden, sieht es eher so aus, als ob die deutsche Politik wohl eher dem Protektionismus in Sachen Kampf gegen Spielsucht frönt.

Laut einer Studie von Tilman Becker aus dem Jahr 2011 belaufen sich die sozialen Kosten der Spielsucht auf rund 330 Millionen Euro, dem rund 5,4 Milliarden Euro an Steuereinnahmen gegenüberstehen. Damit ist das Glücksspiel das einzige Produkt in dieser Kategorie, dass sämtliche Kosten für die Gesellschaft selbst trägt. Alle anderen Süchte kosten den Staat und die Bürger weit mehr, als durch diese Wirtschaftszweige eingenommen werden.

 

Quelle: DHS.de