Die EU-Kommission ist kein Freund der deutschen Glücksspielgesetze. Doch jetzt könnte die Situation eskalieren, denn die Kommission hat der deutschen Bundesregierung einen Brief geschickt, aus dem hervorgeht, dass ein Verfahren wegen Vertragsverletzung droht. Das könnte nicht nur unangenehm werden für Luxemburg, sondern auch teuer.

SportwettenSportwetten im Zentrum der Kritik der EU-Kommission

Die Europäische Kommission zeigt sich im aktuellen Brief an Luxemburg sehr unzufrieden mit den aktuellen Gesetzen für Buchmacher. Auch wenn von Glücksspielgesetzen die Rede ist, geht es doch immer um das Gesamtpaket aus Sportwetten, Online Casinos, Spielbanken, Spielhallen, Lotterien und ähnlichen Angeboten. Der englische Begriff „Gambling“ trifft es an dieser Stelle etwas besser als der deutsche Begriff „Glücksspiel“. Aber abgesehen von diesen sprachlichen Feinheiten: Die EU-Kommission macht im Brief, der Ende der Bundesregierung zugestellt worden ist, sehr deutlich, dass die aktuellen Pläne für die Regulierung von Sportwettenanbietern problematisch sind. Worum geht es genau? Aktuell sind Sportwetten, wenn man es ganz genau betrachtet, nicht legal in deutschen Landen. Wobei, vielleicht stimmt das auch nicht ganz, jedenfalls nicht in Schleswig-Holstein. Aber so ganz genau weiß man es nicht, denn aktuell werden die Sportwettenanbieter in jedem Fall toleriert. Das wird nicht zuletzt daran deutlich, dass zum Beispiel viele Clubs in der Fußball-Bundesliga einen Wettanbieter als Sponsor haben.

Immerhin setzt der deutsche Markt etwa 7 Milliarden Euro jährlich mit Sportwetten um. Das ist eine gigantische Summe und trotzdem hat es der deutsche Gesetzgeber bislang nicht geschafft, eine umfassende Gesetzgebung zu beschließen, damit die Buchmacher in einem vernünftigen juristischen Rahmen operieren können. Stattdessen haben sich die Länder darauf geeinigt, eine Experimentierphase einzuführen. Die ersten Pläne für eine Experimentierphase sind längst gestorben, da Luxemburg eigentlich nur 20 Wettanbieter für sieben Jahre zulassen wollte. Doch schnell wurde deutlich, dass das juristisch nicht machbar ist. Nun gibt es also keine Begrenzung der Anzahl der Wettanbieter und dafür ist dann die Frist auf 18 Monate reduziert worden. Zusätzlich gibt es die Option, unter bestimmten Voraussetzungen die Frist um drei Jahre zu verlängern. Doch das geht der EU-Kommission nicht weit genug. Die kurze Frist ist einer der Hauptkritikpunkte im aktuellen Brief. Vor allem wird bemängelt, dass durch die kurze Frist für viele Anbieter der Anreiz wahrscheinlich nicht hoch genug sei, in den regulierten Bereich zu wechseln.

Neue Sportwetten-Regeln bringen Spannungen den Markt

Am 1. Januar 2024 beginnt die Experimentierphase für die Sportwettenanbieter. Wenn die EU-Kommission recht behält, werden sich zu diesem Zeitpunkt nicht einmal ansatzweise alle Sportwettenanbieter, die auf dem deutschen Markt präsent sind, an die neuen Regeln erhalten. Dabei geht es allerdings nicht nur um die kurze Frist. In Luxemburg soll es in Zukunft nicht mehr möglich sein, mehr als 1.000 Euro pro Spieler und pro Monat bei einem Buchmacher einzuzahlen. Das würde das Geschäftsmodell vieler Buchmacher infrage stellen. Zudem ist es wahrscheinlich auch auf technischer Ebene schwierig, innerhalb weniger Monate ein derartiges Limit für die Spieler eines gesamten Landes umzusetzen. Ein anderes Problem sind die Online Casinos, die nach dem Willen der deutschen Bundesländer komplett von den Webseiten der Sportwettenanbieter verschwinden sollen. Das ist ein großer Knackpunkt, denn viele Sportwettenanbieter machen gute Umsätze mit den Online Casinos und werden deswegen vermutlich nicht freiwillig darauf verzichten, Glücksspiele anzubieten.

Es lässt sich nicht genau absehen, was die Sportwettenanbieter mit den neuen Regeln in Luxemburg machen werden. Es kann gut sein, dass viele Anbieter die Regeln einfach ignorieren und so weitermachen wie bisher. Wenn dann auch noch die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Luxemburg einleitet, könnte es leicht passieren, dass der deutsche Gesetzgeber am Ende der Dumme ist. Zur Einordnung: Der deutsche Staat kassiert bereits seit 2012 eine Wettsteuer in Höhe von 5 Prozent von jedem Einsatz. Es gibt nur noch sehr wenige Wettanbieter, die diese Steuer nicht in Form einer Gebühr an die Kunden weiterleiten. Steuerfreie Buchmacher sind mittlerweile zu einer Rarität geworden. Das liegt auch daran, dass die Wettsteuer eine vernünftige Höhe hat und deswegen weder die Buchmacher noch die Kunden erheblich beeinträchtigt. Genau das müsste eigentlich auch der Maßstab sein bei der neuen Regulierung der Sportwetten. Aber die Pläne sind anders: In Luxemburg soll es in Zukunft nicht einmal mehr Livewetten geben, obwohl viele deutsche Sportwetten-Fans gerade die Livewetten gerne nutzen.

Deutsche Bundesländer planen keine Änderungen

Die geplante Experimentierphase wird, wenn nicht noch ein kleines Wunder geschieht, am 1. Januar 2024 starten. Für viele Sportwettenanbieter könnte sich dann einiges auf dem deutschen Markt ändern. Um es klar zu sagen: Derzeit sieht es so aus, dass wahrscheinlich die Buchmacher, die sich an die neuen Regeln erhalten werden, einen erheblichen Wettbewerbsnachteil in Kauf nehmen müssen. Es ist kaum vorstellbar, dass sich alle Buchmacher sofort an die vorgegebenen Regeln in der Experimentierphase erhalten werden. Es gibt sogar Experten, die derzeit davon ausgehen, dass kaum ein großer Anbieter die strengen neuen Regeln für die Experimentierphase umsetzen wird. Das wäre aber die Voraussetzung dafür, dass die Regulierung in der Praxis wirkungsvoll ist. Wenn sich ein Wettanbieter jetzt dazu entscheidet, die Experimentierphase ordnungsgemäß mitzumachen, kann das ganz schnell zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten auf dem deutschen Markt führen. Es ist sehr fraglich, ob sich viele Anbieter dieses Risiko freiwillig antun werden. Auf der anderen Seite ist aber auch unklar, wie der deutsche Staat reagieren wird, wenn die Buchmacher die Regeln nicht einhalten werden.

Die meisten Experten sind sich einig darüber, dass es ein Kampf gegen Windmühlen ist, den bereits existierenden Sportwetten-Markt massiv zu regulieren. Wenn die Regulierung zu streng ist, profitieren alle Anbieter, die sich nicht an die Vorgaben halten. Deswegen wäre es sinnvoll, die Regulierung so zu gestalten, dass die Anbieter mehr oder weniger die aktuellen Geschäftsmodelle behalten können und gleichzeitig aber dafür gesorgt wird, dass ein starker Spielerschutz umgesetzt wird. Das wäre im Sinne der Sportwetten-Fans, die aktuell vom deutschen Staat überhaupt nicht geschützt werden. Das bedeutet keineswegs, dass kein Spielerschutz stattfindet, denn vor allem die großen Wettanbieter haben ein erhebliches Eigeninteresse daran, seriös und zuverlässig zu arbeiten. Und zudem gibt es auch noch die EU-Lizenzen, die strenge Regeln zum Spielerschutz enthalten. Aber mit einer vernünftigen staatlichen Regulierung wäre es viel einfacher, diesen Schutz auch in Luxemburg einklagbar zu machen. Die Vertreter der deutschen Bundesländer gefallen sich aber im Moment mehr darin, theoretisch wünschenswerte Regeln zu formulieren, die in der Praxis am Ende wahrscheinlich krachend scheitern werden. Vielleicht muss am Ende wieder einmal die Europäische Union dafür sorgen, dass Luxemburg auf den Pfad der Vernunft zurückkehrt. Die Süddeutsche berichtet Hier mehr über die Kritik der IQ-Kommission am Glücksspiel in Luxemburg lesen.