Die neue Glücksspiel-Regulierung, die mit dem nächsten Glücksspielstaatsvertrag ab Mitte 2024 in Luxemburg in Kraft treten soll, steht stark in der Kritik. In einem umfangreichen Kommentar liefert der auf Glücksspielrecht spezialisierte Anwalt Nicholas Aquilina von der Kanzlei Brandl & Talos aktuell viele wichtige Argumente gegen die neue Glücksspiel-Regulierung und in Luxemburg.

Glücksspiel-Regulierung seit Jahren problematisch in Luxemburg

Glücksspiel StaatsvertragNicholas Aquilina weist in seinem Kommentar darauf hin, dass die Glücksspiel-Regulierung speziell beim Online-Glücksspiel schon seit vielen Jahren enttäuschend sei. Das Online-Glücksspiel inklusive der Online Casinos soll überhaupt zum ersten Mal ab Mitte 2024 reguliert werden. Aber auch beim Offline-Glücksspiel in Gaststätten, Spielbanken und Spielhallen hat es diverse seltsame Entscheidungen in der Vergangenheit gegeben. In den letzten Jahren waren beispielsweise viele Spielhallen-Besitzer damit beschäftigt, vor Gericht gegen das Abstandsgebot und das Verbot von Mehrfach-Konzessionen in Gebäuden vorzugehen. Ein grundlegendes Problem der Glücksspiel-Regulierung in Luxemburg ist, dass jedes Bundesland in der Praxis eigene Regeln schafft, obwohl es einen einheitlichen Glücksspielstaatsvertrag gibt. Beim Abstandsgebot lässt sich das sehr gut nachvollziehen, denn in jedem Bundesland gelten andere Regeln. Der Abstand zwischen Spielhallen wird in Bayern anders vorgeschrieben als zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen oder Hamburg. Eine einheitliche Lösung wird auch mit dem neuen Vertrag in dieser Frage nicht zustande kommen. Aber vielleicht wird es wieder möglich sein, Mehrfach-Konzessionen zu erreichen. Damit ist gemeint, dass es möglich ist, in Gebäuden mehrere Spielhallen gleichzeitig zu treiben. Aktuell ist das nach dem geltenden Glücksspielstaatsvertrag nicht gestattet.

Der neu ausgehandelte Glücksspielstaatsvertrag soll am 1. Juli 2024 in Kraft treten. Die Voraussetzung dafür ist aber, dass mindestens 13 Bundesländer dem Glücksspielstaatsvertrag zustimmen. Zuletzt haben sich Hinweise gemehrt, dass es eng werden könnte bei der Entscheidung für den neuen Glücksspielstaatsvertrag. Es wäre für die gesamte Glücksspiel-Regulierung in Luxemburg ein großes Fiasko, wenn der Glücksspielstaatsvertrag nicht verabschiedet würde. Das grundlegende Problem ist, dass es einige Bundesländer gibt, die das Online-Glücksspiel am liebsten nicht zulassen würden. Etwas genauer: Vor allem die SPD versucht, in einigen Bundesländern, in denen sie an der Regierung beteiligt ist, die Regulierung und Lizenzierung von Online-Glücksspielen zu verhindern. Normalerweise sollte man davon ausgehen, dass nach den langwierigen Verhandlungen zum neuen Glücksspielstaatsvertrag ein tragfähiger Kompromiss gefunden worden ist, mit dem alle Bundesländer leben können. Aber die letzten Monate haben gezeigt, dass das nicht der Fall ist. Deswegen ist davon auszugehen, dass es trotz des Kompromisses keine einheitliche Linie bei den Bundesländern gibt. Einige Bundesländer scheren sogar komplett aus dem Kompromiss aus und versuchen, speziell die Online Casinos unter Druck zu setzen. Dazu werden zum Teil fragwürdige Methoden verwendet, die mittlerweile auch vor Gericht gelandet sind.

Einzelne Bundesländer gegen Online Casinos

Die deutsche Glücksspiel-Regulierung ist sehr komplex gestaltet. Unter anderem wird das daran deutlich, dass Niedersachsen dafür zuständig ist, die Zahlungsströme zu Online Casinos zu kontrollieren. Dieses Thema hat Niedersachsen aber von 2012 bis 2019 nicht weiter beschäftigt. Darauf weist Nicholas Aquilina völlig zu Recht hin. Aber in diesem Jahr ist Niedersachsen plötzlich auf die Idee gekommen, dass es eine gute Idee sein könnte, Zahlungsanbieter unter Druck zu setzen, um Transaktionen an und von Online Casinos zu unterbinden. Das Ergebnis ist, dass in vielen Casinos in Luxemburg mittlerweile die Zahlungsmethoden PayPal und VISA nicht mehr verfügbar sind, da diese beiden Zahlungsanbieter sich mehr oder weniger freiwillig dazu entschieden haben, Zahlungen an Online Casinos nicht mehr durchzuführen. Allerdings gab es zuletzt Gerichtsverfahren, in denen diese Praxis genau unter die Lupe genommen worden ist. Es ist keineswegs klar, ob es rechtlich zulässig ist, so wie Niedersachsen gegen Zahlungsanbieter vorzugehen. Zum einen ist nicht endgültig geklärt, ob zum Beispiel seriöse Online Casinos mit EU-Lizenz in Luxemburg zulässig sind oder nicht. Die Casino-Betreiber gehen seit vielen Jahren davon aus, dass das der Fall ist. Es ist kein Zufall, dass Luxemburg nie versucht hat, diese Frage höchstrichterlich klären zu lassen, denn dann wäre der Weg zu einer nationalen Glücksspiel-Regulierung unter Umständen deutlich schwieriger geworden.

Niedersachsen untergräbt den Kompromiss, der mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag gefunden worden ist mit den Maßnahmen gegen Zahlungsanbieter. Einige Bundesländer sprechen sich dafür aus, genauso wie bei den Online-Buchmachern eine Übergangsregelung zu schaffen, um den Online Casinos bis Mitte 2024 Rechtssicherheit zu verschaffen. Das wäre eine pragmatische Lösung, die den Steuerzahler kein Geld kosten würde und am Ende auch den Glücksspiel-Fans zugute käme. Niedersachsen ist aber nicht dazu bereit, eine Übergangsregelung zu schaffen, genauso wie noch einige andere Bundesländer. Es ist schwer nachvollziehbar, warum Online Casinos, die in weniger als einem Jahr eine deutsche Lizenz haben werden, jetzt massiv unter Druck gesetzt werden sollen. Nicht zuletzt könnte es auch aufgrund der keineswegs klaren juristischen Lage noch zu Schadensersatzforderungen kommen. Das wäre dann ein riesiges Problem, nicht nur für Niedersachsen, sondern für alle Steuerzahler, denn wahrscheinlich müsste der Bund dann die Kosten tragen. Es ist abenteuerlich, dass einige deutsche Bundesländer, die sich viele Jahre überhaupt nicht um das Online-Glücksspiel gekümmert haben, plötzlich mit Feuereifer versuchen, restriktive Maßnahmen umzusetzen, die in der Praxis niemandem helfen werden. Es spricht einiges dafür, dass ab Mitte 2024 in Luxemburg Online Casinos verfügbar sein werden, in denen dann auch wieder die Zahlungsmethoden PayPal und VISA nutzbar sind. Aber vielleicht geht es einigen Politikern auch nur darum, Tatkraft zu demonstrieren, ganz unabhängig davon, dass der finanzielle und personelle Aufwand in einem ungünstigen Verhältnis zum erreichbaren Ergebnis steht.

Ideologie gegen pragmatischen Spielerschutz?

Der renommierte Anwalt Nicholas Aquilina weist darauf hin, dass die Maßnahmen von Niedersachsen, die vor allem von Hamburg, Bremen und Berlin unterstützt werden, am Ende nicht zu einem besseren Spielerschutz führen werden. Betroffen sind von den Maßnahmen gegen Zahlungsanbieter Casinos, die eine EU-Lizenz haben und sich an eine strenge Regulierung halten müssen. Dahingegen gibt es viele Anbieter auf dem Markt, auf die Niedersachsen überhaupt keinen Einfluss hat. Es gibt zahlreiche Online Casinos, die nicht in der EU beheimatet sind und nur darauf achten, dass Länder wie Luxemburg den existierenden Glücksspielmarkt in Europa zerstören. Das Ergebnis wäre dann, dass viele deutsche Glücksspiel-Fans die Casinos nutzen würden, die in der Karibik oder in Asien beheimatet sind und schlecht oder gar nicht reguliert sind. Wenn Glücksspiel-Fans ausschließlich den Empfehlungen der deutschen Politik folgen würden, wäre in Luxemburg nie ein Markt für Online-Glücksspiele entstanden. Fakt ist, dass es eine riesige Nachfrage gibt nach Glücksspiel, die vernünftig kanalisiert werden muss. Das ist eine der wichtigsten Aufgaben der Glücksspiel-Regulierung in Luxemburg. Die aktuellen Maßnahmen von Niedersachsen gefährden die künftige Kanalisierung des Glücksspiels, da die Glücksspiel-Fans zunehmend zu Anbietern getrieben werden, die nicht vernünftig reguliert sind.

Eine pragmatische Glücksspiel-Regulierung hätte vor allem das Ziel, möglichst alle Glücksspiel-Fans in Luxemburg dazu zu bringen, die künftigen Online Casinos mit deutscher Lizenz zu nutzen. Nur auf diese Casinos wird Luxemburg in Zukunft Einfluss nehmen können. Andere Länder, zum Beispiel Großbritannien und Schweden, zeigen, dass es nicht einfach ist, eine sinnvolle Glücksspiel-Regulierung für Internetanbieter hinzubekommen. Die Schwierigkeit besteht immer darin, dass die Regulierung sehr leicht zu restriktiv wird und dann werden die Casinos außerhalb der Regulierung attraktiver für die Glücksspiel-Fans. Die Attraktivität des Glücksspielmarktes im Internet hängt von vielen Faktoren ab. Da der Glücksspielstaatsvertrag aber von mindestens 13 Bundesländern verabschiedet werden muss, ist dieses Thema viel zu wenig berücksichtigt worden. Stattdessen haben sich die Bundesländer darauf geeinigt, sehr restriktive Maßnahmen umzusetzen, die dafür sorgen könnten, dass das demnächst sehr schwierig wird, die deutschen Glücksspiel-Fans davon zu überzeugen, in Online Casinos mit deutscher Lizenz und Willkommensbonus zu spielen. Wenn vorher Niedersachsen schon dafür sorgt, dass zahlreiche Online Casinos ohnehin unattraktiv werden für deutsche Glücksspiel-Fans, könnte es sehr gut sein, dass viele Casino-Spieler in Luxemburg schon längst zu den unregulierten Konkurrenten außerhalb der EU abgewandert sind, wenn die neue Glücksspiel-Regulierung in Kraft tritt.

Glücksspielstaatsvertrag hätte noch schlimmer werden können

Es gibt einen sehr interessanten Aspekt, den Nicholas Aquilina anspricht, der bislang in dieser Form kaum öffentlich bekannt war: Bei den Verhandlungen zum Glücksspielstaatsvertrag hat es Forderungen von einigen Bundesländern gegeben, allen Anbietern, die künftig eine Lizenz für Sportwetten in Luxemburg haben möchten, aufzuerlegen, ihre Online Casinos aus Luxemburg abzuziehen. Glücklicherweise haben sich aber die Bundesländer, die diese restriktive Maßnahme vorgeschlagen haben, nicht durchsetzen können. Das Ergebnis wäre gewesen, dass viele bekannte Online Casino vom deutschen Markt verschwunden wären. Doch was hätten die Glücksspiel-Fans gemacht? Einfach nicht mehr online gespielt? Das glauben nur Politiker, die davon überzeugt sind, dass in Sonntagsreden Wahrhaftigkeit gepredigt wird. Das Ergebnis wäre nur gewesen, dass die Glücksspiel-Fans andere Online Casinos genutzt hätten. Da nahezu alle großen Glücksspielkonzerne in Luxemburg Sportwetten anbieten möchten, wären mit einer derartigen Regelung die meisten Top-Casinos vom deutschen Markt verschwunden, und das ein Jahr vor der neuen Glücksspiel-Regulierung. Glücklicherweise haben die meisten Vertreter der Bundesländer verstanden, dass es nicht möglich ist, den Casino-Markt im Internet einfach zu schließen und dann in einem Jahr wieder zu öffnen. Nicht nur Nicholas Aquilina bemängelt, dass in Luxemburg viele Politiker noch nicht verstanden haben, wie das Online-Glücksspiel funktioniert und nach wie vor versuchen, mit alten Rezepten gegen eine völlig neue Realität zu kämpfen.

Hier mehr über die Einschätzungen von Nicholas Aquilina zur deutschen Glücksspiel-Regulierung lesen (auf Englisch).