Italienische Regierung beschließt ein Glücksspiel-Werbeverbot und die zuständige Behörde hält sich nicht daran? Das klingt abenteuerlich, ist aber aktuell der Fall. Doch die Aufsichtsbehörde AGCOM hat gute Argumente und liefert sich aktuell eine öffentliche Auseinandersetzung mit dem zuständigen Minister.

Casino BonusGlücksspiel-Werbeverbot in Italien gültig – oder nicht?

Die italienische Regierung hat vor kurzem ein komplettes Glücksspiel-Werbeverbot beschlossen. Maßgeblich wurde die Gesetzesinitiative von Luigi Di Maio vorangetrieben. Der Minister für wirtschaftliche Entwicklung und stellvertretende Ministerpräsidenten ist ein erklärter Gegner aller Glücksspiele und würde am liebsten sämtliche Angebote komplett verbieten. Ein erster Schritt in diese Richtung ist das Glücksspiel-Werbeverbot, mit dem nach dem Willen der Regierung erreicht werden soll, dass weniger Menschen hochmoderne Online Casinos nutzen oder Beton-Casinos besuchen. Blöderweise hat die italienische Regierung aber offenbar ein Gesetz beschlossen, das mit diversen anderen Gesetzen kollidiert. Deswegen sieht sich die zuständige Behörde AGCOM (Aufsichtsbehörde für das Kommunikationswesen) nicht dazu in der Lage, das Glücksspiel-Werbeverbot komplett umzusetzen. Das bringt natürlich den Minister Luigi Di Maio auf die Palme. Doch wahrscheinlich muss er sich bei seinen Vorgängern beschweren, denn AGCOM ist eine unabhängige Behörde, die nicht verpflichtet ist, Weisungen der Regierung kritiklos umzusetzen. Das sorgt aktuell für ein großes Problem, denn die Umsetzung des Glücksspiel-Werbeverbots wird wahrscheinlich scheitern, jedenfalls wenn es um ein komplettes Verbot geht.

Der Höhepunkt der Auseinandersetzung zwischen AGCOM war zuletzt ein Beitrag in den sozialen Medien von Luigi Di Maio. In diesem Beitrag greift er die Behörde massiv an und versucht, Stimmung zu machen. Er kündigt in diesem Post eine harte Auseinandersetzung mit der Behörde an, die erst dann ende, wenn das Glücksspiel-Werbeverbot komplett umgesetzt sei. Das ist eigentlich ein ungeheuerlicher Vorgang, denn demokratische Institutionen können auf Dauer nur funktionieren, wenn die Institution sich untereinander respektieren. Das scheint im aktuellen Fall jedoch nicht gegeben zu sein. Ganz unabhängig davon, ob man für oder gegen ein Glücksspiel-Werbeverbot ist: Man kann einer Behörde nicht vorwerfen, dass sie sich an Recht und Gesetz hält. Aber für den ambitionierten Minister scheint es wichtiger zu sein, dass die Behörde das macht, was er gerne möchte. Doch so funktionieren unabhängige Behörden nicht, weder in Italien noch in Luxemburg. Das scheint den Minister aber derzeit nicht davon abzuhalten, immer wieder öffentliche Attacken zu reiten gegen die AGCOM. Ob das aber dazu führen wird, dass das Glücksspiel-Werbeverbot am Ende so umgesetzt wird, wie Luigi Di Maio sich das vorstellt, ist eine ganz andere Frage. Derzeit deutet nichts darauf hin, dass die Aufsichtsbehörde AGCOM einknicken wird.

AGCOM wehrt sich gegen ungeheuerliche Vorwürfe

Angelo Marcello Cardani, der Präsident von AGCOM, reagierte öffentlich auf die Anschuldigungen von Luigi Di Maio und warf ihm vor, Druck auf die Behörde auszuüben, nur um seine eigenen persönlichen und politischen Ziele zu erreichen. Die Behörde habe hingegen das Interesse, das beschlossene Glücksspiel-Werbeverbot ordnungsgemäß umzusetzen. Genau das sei jedoch das Problem, denn das Gesetz sei nicht so eindeutig, wie der Minister sich dies vorstelle. Zudem gebe es andere Gesetze, die mit dem neuen Glücksspiel-Werbeverbot in Konflikt stünden. AGCOM habe aber die Aufgabe, die Gesetzeslage zu prüfen und entsprechend zu agieren. Das führe aktuell dazu, dass es nicht möglich sei, dass Werbeverbot komplett durchzusetzen. Das Problem sei jedoch nicht die Behörde, sondern ausschließlich die aktuelle Gesetzeslage. Anstatt über die sozialen Medien die unabhängige Behörde anzugreifen, solle der Minister sich besser mit den Gesetzen befassen, um eine fundierte Meinung kundtun zu können. Zudem wies Cardani darauf hin, dass das Glücksspiel-Werbeverbot aus seiner Sicht nur dazu führe, dass die Kunden überhaupt keine Möglichkeit mehr hätten, zwischen legalen und illegalen Anbietern in Italien zu unterscheiden. Das könne dazu führen, dass das Gegenteil von dem erreicht wird, was eigentlich mit dem Glücksspiel-Werbeverbot geplant ist.

Selbstverständlich ließ sich Luigi Di Maio nicht lange bitten und erwiderte öffentlich, dass Cardani sich keine Sorgen machen müsse, denn im September werde es einen neuen Präsidenten von AGCOM geben. Lustigerweise konnte Cardani dieses Argument aber zur allgemeinen Belustigung damit kontern, dass er eigentlich schon seit dem 24. nicht mehr im Amt sei und sich nur übergangsweise verfügt zur Verfügung gestellt hätte, die Behörde weiterzuleiten. Leider habe es die italienische Regierung verpasst, rechtzeitig einen Nachfolger zu bestimmen. Nun sei die Behörde in einer Übergangssituation, die alles andere als optimal sei. Doch die Mitarbeiter würden alles dafür tun, dass die behördlichen Aufgaben nach wie vor erfüllt werden. Spätestens nach dieser Bemerkung müsste Luigi Di Maio eigentlich genug haben. Für einen neutralen Beobachter sieht es danach aus, dass die AGCOM von der italienischen Regierung gegängelt wird. Es gibt aber überhaupt keinen Grund anzunehmen, warum eine Behörde, in der Beamte arbeiten, gegen die Regierung agieren sollte. Beamte sind auch dann, wenn sie in einer unabhängigen Behörde arbeiten, an zahlreiche Vorgaben gebunden. Insbesondere ist es nicht Aufgabe der Beamten zu entscheiden, ob ein Gesetz sinnvoll ist oder nicht.

Bringt der neue Präsident von AGCOM die Lösung?

Aktuell scheint Luigi Di Maio davon auszugehen, dass mit einem neuen Präsidenten die AGCOM ganz anders agieren wird als bisher und das Glücksspiel-Werbeverbot kompromisslos durchsetzen wird. Aber vielleicht täuscht sich der stellvertretende Ministerpräsident an diesem Punkt, denn unabhängig von der Person, die demnächst Präsident von AGCOM wird, gibt es nach wie vor Gesetze, die eingehalten werden müssen. Ein Beamter kann nicht einfach über Gesetze hinweg schauen. Vielleicht wird der neue Präsident am Ende auch in eine öffentliche Auseinandersetzung mit Luigi Di Maio gezwungen. Auszuschließen ist das zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls nicht. Das Glücksspiel-Werbeverbot ist bei vielen Experten umstritten. Nicht nur Juristen bemängeln die schwache Qualität des Gesetzes. Viele Glücksspiel-Experten glauben zudem, dass zu restriktive Maßnahmen letztlich nur den gegenteiligen Effekt haben. Der Bedarf nach Glücksspiel ist auch in Italien hoch, sodass es wahrscheinlich besser wäre, eine vernünftige Regulierung inklusive sinnvoller Regeln für Werbung und Marketing umzusetzen. Nur weil Luigi Di Maio persönlich ein Problem mit Glücksspiel hat, bedeutet dies noch lange nicht, dass er allen Italienern verbieten kann, Freude an Roulette, Blackjack oder Spielautomaten zu haben. So funktioniert die Welt zum Glück nicht, auch nicht in Italien.