Die Kommunen in Hessen dürfen sich über unerwartet hohe Einnahmen bei der Glücksspiel-Steuer freuen. Im Gesamthaushalt sind die Glücksspiel-Einnahmen zwar kein großer Posten. Aber viele Politiker wundern sich, dass trotz verschärfter Regeln in vielen Gemeinden die Spielhallen-Umsätze in den letzten Jahren in die Höhe schießen.
Gesteigerte Einnahmen am Beispiel Seligenstadt
Die Gemeinde Seligenstadt hat einen typischen Etat für eine Stadt in dieser Größe, der bei etwa 47 Millionen Euro liegt. Zu diesem Etat tragen auch die Steuereinnahmen bei, die mit Spielautomaten generiert werden. Die Gemeinde kassiert von allen Gewinnen, die mit Automaten erzielt werden, eine Steuer in Höhe von 20 Prozent. Im Jahr 2008 wurden mit dieser Steuer Einnahmen in Höhe von 120.000 Euro erzielt. In den Jahren davor lagen die Beträge sogar noch deutlich niedriger. Doch in den folgenden Jahren kam es zu einer außergewöhnlichen Explosion bei den Steuereinnahmen. Im Jahr 2018 durfte sich Seligenstadt über 475.000 Euro Automaten-Steuer freuen. Das ist eine exorbitante Steigerung im Verlaufe eines Jahrzehnts. In Seligenstadt gibt es sieben Spielhallen, in denen über 80 Automaten zum Umsatz beitragen. Zudem gibt es auch noch diverse Spielautomaten in Gaststätten.
Anhand des Steueraufkommens lässt sich leicht abschätzen, dass Millionen umgesetzt werden mit Spielautomaten in Seligenstadt. Gleichzeitig ist aber in den letzten Jahren der Druck auf Spielhallen-Betreiber deutlich gewachsen. Zudem ist die Anzahl der Online Casinos explodiert. Früher mussten die Spielautomaten-Betreiber nur besser sein als die Konkurrenz um die Ecke. Mittlerweile kann jeder Glücksspiel-Fan mit dem Smartphone im Internet mit wenigen Klicks einen Casino Bonus ohne Einzahlung finden und sofort um echtes Geld spielen. Trotzdem bescheren zumindest in einigen Kommunen die Spielhallen den Betreibern höhere Umsätze zu denn je. Ein Grund dafür ist, dass diverse Gerichtsverfahren aktuell verhindern, dass der Druck auf die Spielhallen seitens der Politik erhöht wird.
Strenge Spielhallen-Regel in vielen Gemeinden noch nicht umgesetzt
Im Jahr 2012 wurde ein neuer Glücksspielstaatsvertrag ausgehandelt, in dem unter anderem auch neue Regeln für Spielhallen geschlossen wurden. Beispielsweise ist vorgeschrieben, wie groß der Abstand zwischen Spielhallen sein darf. Zudem dürfen Spielcasinos nicht mehr in der Nähe von Schulen zu finden sein. Diese Regeln werden nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren seit 2017 angewendet. In vielen Fällen führten die neuen Regelungen dazu, dass die Kommunen Spielhallen schließen mussten. Jedenfalls war das der Plan. Doch aktuell laufen viele Gerichtsverfahren, mit denen sich die Spielhallen-Betreiber gegen Schließungen wehren. Das führt dazu, dass die Anzahl der Spielhallen nicht im gewünschten Umfang gesunken ist. Allerdings ist die Anzahl in der jüngeren Vergangenheit auch nicht gestiegen, denn die Regeln werden zumindest bei der Vergabe von Konzessionen für Spielhallen in der jüngeren Vergangenheit konsequent angewendet.
Glücksspiel-Boom in Hessen muss andere Ursachen haben
Richtig erklären kann sich aktuell in Hessen niemand, warum in vielen Gemeinden die Einnahmen aus dem Glücksspiel in die Höhe schießen. Es gibt unterschiedliche Theorien, die aber allesamt nicht sonderlich überzeugend sind. Zudem ist es wahrscheinlich wichtig, die lokale Situation zu beobachten. Seligenstadt hat beispielsweise trotz der neuen gesetzlichen Regeln keine Spielhalle schließen müssen, sodass der Betrieb der vorhandenen Angebote ungehindert weitergehen konnte. Zudem handele es sich in Seligenstadt nach Auskunft der lokalen Behörden durchweg um erstklassig geführte Geschäfte, die modernen Standards entsprechen. Ob das aber überall in Hessen der Fall ist, darf zumindest bezweifelt werden.
Ein anderer Argumentationsansatz besagt, dass durch die vielen neuen Online Casinos das Interesse an Glücksspiel insgesamt gewachsen sein könnte. Das widerspricht allerdings der Beobachtung in vielen anderen Bundesländern und auch im Ausland. In der Regel ist es eher so, dass die Spielhallen unter Druck geraten, weil viele Spieler das Internet vorziehen. In jedem Fall ist es eine spannende Entwicklung, dass in Hessen die Spielhallen entgegen dem Trend oft mehr Geld umsetzen als früher. Immerhin haben die Gemeinden die Möglichkeit, die Spielhallen sehr streng zu kontrollieren und für einen guten Spielerschutz zu sorgen. In den Online Casinos gibt es zwar auch Kontrollen, aber nicht von deutschen Behörden. Wenn eine ähnlich strenge Regulierung für die Online Casinos gelten würde wie für Spielhallen, wäre viel gewonnen.