Wird Liechtenstein das neue Las Vegas? Mitten in Europa zeichnet sich gerade eine erstaunliche Entwicklung ab, denn in Liechtenstein wird es bald sechs Casinos geben und die meisten Besucher in den neuen Spielbanken kommen aus dem Ausland.

LiechtensteinLiechtenstein lockt Glücksspiel-Fans aus der Schweiz und Österreich

Das Fürstentum Liechtenstein ist gemeinhin als Paradies für Reiche bekannt, die ihr Geld diskret anlegen möchten. Angeblich hat auch der eine oder andere Betreiber von Online Casinos Konten in dem kleinen Fürstentum in den Alpen. Liechtenstein entwickelt sich immer mehr zu einem europäischen Casino-Zentrum. Das ist erstaunlich, denn noch vor einigen Jahren gab es kaum Glücksspiel-Angebote in Liechtenstein. Mittlerweile gibt es zwei moderne Spielbanken in Schaanwald und Ruggell. Demnächst wird es vier Spielbanken geben, denn zwei weitere Casinos werden bereits gebaut. Darüber hinaus gibt es Pläne für zwei weitere Spielbanken, sodass das kleine Liechtenstein demnächst vier Spielbanken beheimaten wird. Auf die Einwohnerzahl bezogen bedeutet dies, dass es bald für etwa 6.300 Menschen in Liechtenstein jeweils ein Casino geben wird. Sind die Liechtensteiner Casino-Enthusiasten? Oder warum schießen plötzlich die Spielbanken aus dem Boden? Die Sache ist ganz einfach: Die Politiker in Liechtenstein können rechnen und haben festgestellt, dass es einen riesigen Bedarf für moderne Spielbanken in Europa und speziell in Österreich und der Schweiz gibt. Die meisten Casino-Besucher in Schaanwald und Ruggell kommen aus den beiden Nachbarländern. Die Nachfrage ist so riesig, dass im Moment noch nicht einmal sicher ist, ob es bei sechs Spielbanken in Liechtenstein bleiben wird.

Vor allem die Schweizer Glücksspiel-Fans sind immer auf der Suche nach attraktiven Spielbanken. In der Schweiz sind die Glücksspielgesetze relativ streng, sodass viele Schweizer mittlerweile bevorzugt nach Liechtenstein fahren, um im Casino Spaß zu haben. Ein offensichtlicher Vorteil: In den Liechtensteiner Casinos gibt es keinen strengen Dresscode. Das entspricht der heutigen Mentalität der meisten Casino-Besucher. Wer möchte schon als junger Mensch eine Krawatte anziehen, nur um in einer Spielbank Poker zu spielen? Was früher üblich war, ist mittlerweile ein bisschen altbacken. Aber das hält die Schweizer Casinos nicht davon ab, einen strengen Dresscode umzusetzen. Auch das Spieleangebot und die Limits sind in Liechtenstein kundenfreundlicher, sodass es auf der Hand liegt, dass viele Schweizer gerne über die Grenze fahren, um im Casino zu spielen. Zudem möchten manche Spieler auch nicht in Schweizer Casinos gesehen werden. Die Schweiz ist ein kleines Land und deswegen spricht sich schnell rum, wenn ein Spieler im Casino viel Geld gewinnt oder verliert. Allerdings ist dieses Argument mittlerweile nicht mehr ganz tragfähig, da sehr viele Kunden in den Casinos in Liechtenstein aus der Schweiz kommen. Für die Schweiz sind die umliegenden Casinos im Ausland schon lange ein Problem. Beispielsweise profitiert auch die deutsche Spielbank in Lindau von vielen Schweizer Kunden.

Liechtenstein wird vor allem für Schweiz zum Problem

In Österreich gibt es eine attraktive Casino-Landschaft und eine relativ liberale Regulierung, jedenfalls im Vergleich mit der Schweiz. Deswegen zieht es deutlich mehr schweizerische als österreichische Glücksspiel-Fans in das Fürstentum Liechtenstein. An den Umsatzzahlen der Spielbanken in der Schweiz wird deutlich, wie groß der Effekt ist: Im Jahr 2007 machten die Schweizer Spielbank noch einen Umsatz von etwa 1 Milliarde Franken. Im Jahr 2016 lag der Umsatz nur noch bei 688 Millionen Franken. Das ist ein dramatischer Einbruch, der sich kaum mit den Online Casinos, die im gleichen Zeitraum stark gewachsen sind, erklären lässt. Zwar tragen auch die Online Casinos dazu bei, dass der Umsatz in den Schweizer Spielbanken seit Jahren sinkt. Aber viel wichtiger sind die Effekte durch die Grenzgänger, die lieber in Luxemburg, Liechtenstein oder Österreich spielen. Die Schweiz lässt sich viel Geld entgehen, ohne dass der gewünschte Spielerschutz-Effekt eintritt. An diesem Beispiel wird sehr schön deutlich, dass eine strenge Glücksspielgesetzgebung nicht automatisch dazu führt, dass weniger gespielt wird. Im Fall der Schweiz lässt sich leicht demonstrieren, dass die Spieler einfach andere Angebote nutzen, um ihrem Hobby nachzugehen. Das lässt sich in der Praxis auch überhaupt nicht verhindern, denn niemand möchte eine Mauer um die Schweiz bauen.

Neue Online Casinos können Schweizer Problem nicht lösen

Seit Sommer 2019 dürfen die Schweizer Spielbanken Online Casinos in der Schweiz anbieten. Genauer gesagt: Nur die Spielbanken in der Schweiz dürfen Online Casinos anbieten. Eine Sperrliste ist geplant, aber noch nicht umgesetzt worden. Mit dieser Sperrliste soll verhindert werden, dass internationale Online Casinos in der Schweiz Kunden anwerben. Es ist sehr fraglich, ob das nachhaltig funktionieren wird. Aber selbst wenn das funktionieren würde, gäbe es für die Schweizer Glücksspiel-Fans immer noch die Möglichkeit, ins Ausland zu fahren, um Roulette, Blackjack, Poker oder Spielautomaten zu nutzen. Die neuen Online Casinos der Spielbanken in der Schweiz sind, gemessen am internationalen Standard, nicht einmal auf mäßigem Niveau. Viele Glücksspiel-Fans in der Schweiz beschweren sich in Online-Foren darüber, wie schlecht das Angebot im Moment ist. Gleichzeitig gibt es aber viele Anbieter im Internet, die aufgrund der neuen Schweizer Glücksspielgesetze keine Kunden mehr aus dem Alpenland annehmen. Das führt dann dazu, dass der Trend zur Fahrt nach Liechtenstein zunimmt. Im Moment sieht alles danach aus, dass die Schweizer ihren Glücksspielmarkt freiwillig schlecht machen, ohne dass dadurch in irgendeiner Weise ein positiver Effekt erreicht würde.

Wird Liechtenstein ein Las Vegas in Europa?

Liechtenstein hat das Potenzial, zu einem Casino-Zentrum in Europa zu werden. Zwar geht der Trend eindeutig hin zu den modernen Online Casinos. Aber es gibt auch einen Bedarf nach erstklassigen Spielbanken. Das wird zum Beispiel auch in Las Vegas und Macau deutlich. In Europa gibt es bislang kein großes Casino-Zentrum und vielleicht hat Liechtenstein versehentlich eine Marktlücke entdeckt. Das würde aber voraussetzen, dass neben den Spielbanken auch noch andere Attraktionen geschaffen würden, ähnlich wie in Las Vegas und Macau. Tatsächlich wäre es durchaus vorstellbar, dass der kleine Alpenstaat demnächst einen großen Teil des Staatshaushalts mit Einnahmen aus der Casino-Branche finanziert. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, aber Liechtenstein hat gute Voraussetzungen, um ein großes Casino-Zentrum zu werden. Derzeit wird jedoch noch unter den politischen Parteien gestritten, ob es wirklich sinnvoll ist, mehr Casinos in Liechtenstein zu bauen. Das Geschäftsmodell ist allerdings so vorteilhaft, dass die Chancen gut stehen, dass es in Liechtenstein demnächst noch einige weitere Casinos geben wird. Und wer weiß? Vielleicht werden demnächst auch die deutschen Casino-Fans lieber nach Liechtenstein als nach Las Vegas zu fliegen. Für die europäische Glücksspielbranche wäre es in jedem Fall schön, wenn Liechtenstein zu einem europäischen Las Vegas werden würde.