Lootboxen: Es sind die reinsten „Wundertüten“! Aber so manche Überraschung blieb wohl einigen Fans zwischen Kopf und Schulter stecken, und sie bekamen den berühmt, berüchtigten „dicken“ Hals. Für manche von ihnen scheint diese Schwellung jetzt erstmal behoben worden zu sein - auch wenn es etwas länger gedauert hat. Vor über vier Jahren verklagten nämlich einige Spielerinnen und Spieler des MMORPGs ArcheAgeden Entwickler Trion Worlds. Anschuldigungspunkte waren damals irreführende Werbung im Spiel und der Einsatz einer virtuellen Lotterie mit Lootboxen im Spielbetrieb. Nun einigte man sich in einem außergerichtlichen Verfahren auf eine Entschädigungszahlung in Höhe von 420.000 US-Dollar, das entspricht umgerechnet ca. 380.000 Euro. 

Lootbox: Glücksspiel oder nicht – das ist hier die Frage

LootboxUnd um diese Punkte ging es bei dem Rechtstreit im Einzelnen: Irreführende Werbung: Zahlende Abonnenten sollten über den Patreon einen Rabatt in Höhe von 10% erhalten. Dies wurde allerdings nicht eingehalten. Stattdessen erhielten sie 10% mehr Echtgeld-Währung beim Kauf einer solchen. 

Nutzung einer Lotterie: Wie andere Apps oder Spiele nutzt auch ArceAge ein Lootboxen System. Dieses enthält zum Teil sehr wertvolle Inhalte. Die klagenden Spielerinnen und Spieler werfen dem Entwickler vor, damit quasi eine Lotterie zu betreiben. Dies alles würde gegen den “California's Consumers Legal Remedies Act”, das “False Advertising Law” und das “Unfair Competition Law” verstoßen und somit wäre es illegal oder besser gesagt, würde zu einer Schädigung der Spielerinnen und Spieler führen. Dagegen wehrten sich diese dann mit ihrer Klage. Um aber einem jahrelangen Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang und nicht zu kalkulierenden Kosten aus dem Weg zu gehen, entschied sich Trions World nun zu der Entschädigungszahlung ohne ein Schuldeingeständnis damit zu verbinden. Beide Parteien sehen sich irgendwie im Recht und sind wohl mit dieser Einigung den Weg des geringsten Widerstandes gegangen.  

Lootboxen immer wieder in der Kritik

Die Diskussionen um den Einsatz von Lootboxen reißen einfach nicht ab. Seit ihrer Einführung vor ungefähr zehn Jahren, sind sie für die einen Teufelswerkzeug, das verdammt gehört und für die anderen ganz harmlose Erweiterungen. Was sind sie denn nun genau? Und warum sind sie so in Verruf geraten? Loot bedeutet aus dem Englischen übersetzt so viel wie Beute oder Raubgut und Box ist bekanntermaßen eine Schachtel. Es sind demnach virtuelle Behälter, die in Computerspielen entweder gefunden, freigeschaltet oder gekauft werden müssen. Bezahlt wird entweder mit Echtgeld oder mit einer Spielwährung. Die Inhalte dieser Boxen variieren sehr stark und sind vorher nicht bekannt. Zumeist sind es Items, Waffen oder andere spezielle Ausrüstungsgegenstände, die Spielerinnen und Spielern einen Vorteil im Spiel ermöglichen sollen. Und dabei ist man auch schon bei einem der Hauptkritikpunkte in Bezug auf Lootboxen. Mit dem Erwerb dieser Boxen durch Geld, kann man gar nicht genau abschätzen, welche Inhalte man wirklich käuflich erwirbt, weil diese oftmals durch einen Zufallsgenerator definiert werden. Und dies sei einem Glücksspiel doch sehr ähnlich, wenn nicht sogar gleich zu setzen, so die Kritiker. Es sind Fälle bekannt, in denen Jugendliche mehrere tausend Euros für den Erwerb von Lootboxen ausgegeben haben und damit in eine ziemliche finanzielle Schieflage geraten sind. Befürworter argumentieren dagegen, dass der Kauf ja freiwillig geschehe und zum Erreichen des Spielzieles nicht erforderlich sei. Sie vereinfachen es nur teilweise. Zudem sei ein Verlust des eingesetzten Geldes ja nicht gegeben, da man dafür immer einen Gegenwert erhalten würden. Ob dieser auch dem tatsächlichen Geldwert entspricht, ist zumindest diskussionswürdig, so die Kritiker von Lootboxen. 

Rechtliche Grauzone von Lootboxen 

Man bewegt sich bei diesem Thema eindeutig in einer rechtlichen Grauzone, und wohl auch deshalb hat Trions World eine außergerichtliche Einigung erzielt, um keinen Präzedenzfall zu schaffen, der womöglich zu ihrem Nachteil ausgehen könnte. Einige Länder haben dies bereits hinter sich. Belgien und die Niederlande haben die Erweiterungen als Glücksspiel eingestuft und auch in einigen anderen Ländern laufen zahlreiche Diskussionen, und vielfältige Gremien und Kommissionen wurden ins Leben gerufen, um sich mit diesem Thema zu beschäftigen. So forderte das Unterhaus im britischen Parlament Ende 2019 eine Einstufung der Lootboxen als Glücksspiel. In Luxemburg kamen die Glücksspielbehörden 2017 nach einer Evaluierung zu dem Ergebnis, dass Lootboxen kein Glücksspiel seien. Dass es sich dabei natürlich um ein immenses Geschäftsfeld handelt, liegt auf der Hand. Viele Spielehersteller können die Verkaufspreise ihrer Spiele nur durch die Micropayments in Form von Lootboxen niedrig halten. 866 Millionen Euros gaben deutsche 2018 für diese Mikrotransaktionen aus. Tendenz steigend. Dieses Geschäftsfeld will man sich natürlich von Seiten der Hersteller nicht kaputt machen lassen und wehrt sich gegen jede Form der Beschränkung oder eines Verbots. 

Lootboxen – Fluch oder Segen, die Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten und wird wahrscheinlich auch weiterhin kontrovers diskutiert werden. Natürlich ist es eine freie Entscheidung, ob man sich diese Erweiterungen kauft oder nicht. Aber ob auch minderjährige Spielerinnen und Spieler so reflektiert sind, dass sie sich immer der Tragweite ihrer Entscheidungen bewusst sind, darf natürlich in Zweifel gezogen werden. Vielleicht wäre in Alterscheck zum Erwerb ein geeignetes Mittel der Kontrolle. Möglicherweise gibt es auch gar kein entweder oder, sondern etwas dazwischen.