Manches ist einfach schwer in Worte zu fassen. Und manchmal stehen hinter nüchternen Nachrichten Schicksale, die nicht zu fassen sind und noch viel schwerer zu beschreiben. Aber auch diese sind ein Teil der News, die uns alle angehen – Informationen, auf die wir ein Recht haben.
Am 01. Oktober 2017 erschoss der 64-jährige Amerikaner Stephen Paddock aus den Fenstern seiner Suite im 32. Stock des „Mandalay Bay Resort and Casino" in Las Vegas heraus 58 Besucher eines Musikfestivals und verletzte über 800 weitere Menschen zum Teil schwer. Nun einigte sich das MGM Las Vegas mit den Anwälten der Angehörigen der Opfer auf eine Entschädigungszahlung in Höhe von bis zu 800 Millionen US-Dollar. Robert Eglet, der führende Klagerechtsanwalt, bezeichnete diese Übereinkunft als einen „Meilenstein“. Zwar könne nichts die Erinnerungen oder die Schmerzen über die Verluste tilgen, doch sei die Vereinbarung eine „faire Kompensation“. Jim Murren, Chef der MGM Gruppe zu der auch das „Mandalay Bay Resort and Casino“ gehört, erklärte in diesem Zusammenhang, dass das Hotel immer einen Prozess unterstützt habe, der zur „Heilung“ der Angehörigen und der Opfer sowie der Gemeinde Las Vegas beitragen könne. Die Unternehmensgruppe sah sich nach dem Anschlag massiven Anschuldigungen ausgesetzt. Sie hätte nicht genügend für die Sicherheit des Hotels getan, da der Täter unbemerkt zwei Dutzend Schusswaffen und eine große Menge an Munition in seine Suite bringen konnte.
Las Vegas | Eine Chronologie der Geschehnisse
Es sollte ein schöner Abschluss werden. Drei Tage hatte man auf dem sechs Hektar großen Gelände „Las Vegas Village“ friedlich den Konzerten beim „Route 91 Harvest“ Country Festival gelauscht und freute sich auf den letzten Künstler: Jason Aldean. Es war 22.05 Uhr, als plötzlich aus den Fenstern des 350 Metern entfernten „Mandalay Bay Resort and Casino“ erste Salven und Schüsse auf die Festival-Besucher abgefeuert wurden und damit ein nicht vorstellbarer Schrecken begann. Um 22.15 Uhr endete der Beschuss. Um 23.20 Uhr wurde der Täter tot in seiner Suite aufgefunden. Er hatte sich selbst getötet.
Alles hatte eine Woche zuvor seinen Anfang genommen. Da bezog Stephen Paddock die Suite im 32. Stock des Hotels. Es war nicht sein erster Aufenthalt in einem Hotel Casino Komplex. Der 64jährige pensionierte Buchhalter aus Mesquite im Clark Country in Nevada residierte teilweise über Monate hinweg in solchen Hotel Casino Komplexen. Er galt als wohlhabend, besaß mehrere Immobilien und war angeblich sogar Multimillionär. Spielen war seine ganze Leidenschaft. Polizeilich war er bis zu diesem Tag noch nie in Erscheinung getreten und galt in seiner Nachbarschaft als seltsamer, unfreundlicher und sehr verschlossener Mensch. Zwei Tage nach dem Bezug seiner Suite mietete er das angrenzende Nachbarzimmer dazu. In einer Woche schaffte er in 21 Koffern 23 Gewehr und Pistolen nebst der dazugehörigen Munition in die angemieteten Räume. Viele der Waffen waren manipuliert und ähnelten vollautomatischen Schießeisen, was eine viel höhere Schusskadenz bedeutete.
Am 1. Oktober strömten knapp 22.000 Menschen zum Festivalgelände, auf dem ab 15.00 Uhr die ersten Künstler auftraten. Paddock installierte an diesem Tag Überwachungskameras an seinen Türspionen und an einem Servicewagen auf dem Hotelflur. Zusätzlich sicherte er eine Tür vom Hotelflur zum Treppenhaus, um ein Öffnen von außen zu verhindern. Um 21.36 Uhr verriegelte der die Türen seiner Suite sowie seines Zimmers und zerschlug um 21.46 Uhr mit einem Hammer die Fenster. Um 22.05 Uhr eröffnete er den Beschuss. Etwa zehn Minuten lang feuerte er Salven von 80 bis 100 Schüssen auf die Besucher und Besucherinnen. Er wechselte danach zu Einzelschüssen und hatte als Ziel zwei Kerosinbehälter im Visier, die zum Flughafen McCarran International gehörten. Ein Projektil durchschlug einen der Behälter, entzündete den Inhalt aber nicht. Um 22.11 Uhr versuchte er Polizisten zu töten, die sich an der Straßenkreuzung zwischen dem Hotel und dem Festivalgelände aufhielten. Bis 22.15 Uhr hatte er 1057 Schuss Munition abgegeben. Mit einer Kugel tötete er sich selbst.
Wie konnte das alles geschehen?
Um 22.06 Uhr war einem Mitarbeiter des Hotels die verriegelte Tür des Flures aufgefallen. Er kontrollierte dies und wurde von Paddock unter Beschuss genommen, der ihn durch die Überwachungskameras gesichtet hatte. Der Mann wurde am Bein verletzt. Ein weiterer Mitarbeiter kam hinzu und versuchte zu helfen. Auch er wurde unter Beschuss genommen, kam aber unverletzt davon. Um 22.06 Uhr waren die ersten Schüsse gemeldet worden. Zwei zufällig im Hotel anwesende Polizisten und zwei Sicherheitsleute des Hotels machten sich zur Quelle der Schüsse auf. Zu diesem Zeitpunkt war ihnen allerdings noch nicht klar, in welchem Stockwerk sich der Schütze aufhielt. Sie versuchten es zuerst auf der 31. Etage. Unterdessen nutzen die Mitarbeiter im 32. Stockwerk eine Feuerpause um sich zu retten und um die Beamten zu informieren. Diese trafen um 22.17 Uhr im 32. Stockwerk ein, sicherten es und um 23.20 Uhr sprengte dann ein SWAT-Sonderkommando die Tür zu Paddocks Suite. Man fand ihn tot auf. Er hatte sich selbst durch einen Pistolenschuss hingerichtet.
Es bleibt die Frage nach dem Warum
Selbst heute, zwei Jahre nach den schrecklichen Vorfällen, rätseln die Ermittler immer noch über das Motiv des Schützen. Es gab keine Anhaltspunkte, keine Aufzeichnungen, keine Botschaften oder ähnliches. Dieses Geheimnis nahm Paddock wohl mit in sein Grab. Natürlich wurden Diskussionen über Waffengesetze geführt, und auch das Hotel sah sich massiven Vorwürfen ausgesetzt. Es hatte eine Zeit lang gegen eine miserable Publicity zu kämpfen, nachdem sie präventiv 1000 Opfer verklagt hatten, um deren Schadensersatz-Klagen zu entgehen. Hauptanklagepunkt der Kläger, war die Frage, wie es möglich gewesen sei, dass Paddock über mehrere Tage unbemerkt solche Mengen an Waffen und Munition in seine Hotelzimmer habe bringen können. Nun einigte man sich. Ob es hilft? Ob es eine gewisse Genugtuung ist? Das kann wohl nur jeder für sich beantworten. Offensichtlich handelte es sich um einen Zufall, dass er sich ein Casino aussuchte. Es hätte auch ein x-beliebiges Hochhaus sein können. Ob es in seiner Absicht lag, Casinos in einem schlechten Licht dastehen zu lassen, bleibt dahingestellt.