„Es war einmal...“ ist vorbei. Das Cowboy- und Indianerspiel im Wald und auf den Straßen ebenso. Was die Kids von heute fesselt, kommt in der Regel von Konsolen, PC’s oder Smartphones. Da gibt es grauhaarige Monsterjäger, Freiheitskämpfer, die in fiktiven Staaten Revolutionen auslösen, hochgezüchtete Schönheiten, die schlauer und widerstandsfähiger sind als der Rest der Menschheit, Cyber-Hounds, Sturmwächtersippen, unzählige Spezialeinheiten, magische Fantasy-Geschöpfe und vieles mehr. In Luxemburg zocken drei Millionen Jugendliche täglich. Wie lange es unbedenklich ist, und ab wann es gefährlich wird beantwortet eine Studie, die die DAK-Gesundheit gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Suchtfragen in Auftrag gegeben hat. 

Auf die richtige Mischung kommt es an

Gamer ArtikelLaut der Studie „Geld für Games – wenn Computerspiel zum Glücksspiel wird“ spielen in der Bundesrepublik Luxemburg 72,5 % der Jugendlichen am PC. Untersucht wurde das Spielverhalten der 12- bis 17-jährigen Mädchen und Jungen. Dabei ist das Gaming-Spektrum sehr vielfältig. In den häufigsten Fällen handelt es sich um Strategie- und Lernspiele, aber auch um Simulationen von Fußball oder um Ego-Shooter. Das Spielen an sich hat zahlreiche unterschiedliche Dimensionen. Die positivsten unter ihnen sind das Fördern von Geschicklichkeit und logischem Denken sowie das Vernetzen von Menschen aus allen Kontinenten. Die negativen liegen in der Gefahr zu vereinsamen und auch darin, dass Aggressionen begünstigt werden können. 

Ausschlaggebend ist es, eine richtige Dosierung und Mischung zu finden, die charakter- und typabhängig ist und daher individuell variieren kann. Daher ist es absolut notwendig, dass Kinder und Jugendliche schon früh lernen, die vielen digitalen Möglichkeiten und Errungenschaften sinnvoll und verantwortungsbewusst zu nutzen.  

Hohes Abhängigkeitspotenzial

Leider gelten aktuell rund 15 % der Jugendlichen in Luxemburg – in Zahlen ausgedrückt: 465.000 – als sogenannte Risiko-Gamer. In diesem Kontext heißt das: ein pathologisches oder riskantes Spielverhalten ist bei den Betroffenen zu beobachten. Das drückt sich vorwiegend dadurch aus, dass sie häufiger die Schule schwänzen oder ihrer Ausbildung fernbleiben und Probleme damit haben, sich zu konzentrieren. Auch der wiederkehrende Ärger mit ihren Familienangehörigen gehört dazu. Bei jedem vierten Risiko-Gamer wurde festgestellt, dass er am Wochenende meist fünf Stunden pro Tag und mehr vor dem Bildschirm verbringt. Dabei handelt es sich meist um Jungen. 

Bei dem Design mancher Spiele leuchtet es sehr schnell ein, dass es schwierig ist aufzuhören, bzw dem Vergnügen nach einer Stunde oder zweien bereits ein Ende zu setzen. Die virtuellen Welten, in die die Gamer in der Regel eintauchen, sind oft als endlose Fortsetzungs-Abenteuer konzipiert und nicht als ein Spiel, das auf ein Finale hin steuert. Laut der Studie steckt genau in diesem Detail ein hohes Abhängigkeitspotenzial.

Fließende Grenzen

Den Ergebnissen der Studie zufolge kann sich all das, was zunächst als harmloses Spiel beginnt, später durchaus negativ auf das reale Leben auswirken. Ganz besonders dann, wenn es obendrein auch noch um Geld – in diesem Fall vermutlich eher Taschengeld – geht. Von den Befragten, die regelmäßig zocken, hatte rund die Hälfte in dem letzten halben Jahr Spiele gekauft und häufig auch etwas für dazugehörige Extras ausgegeben. Damit sind beispielsweise In Game Währungen, Verschönerungs- oder einfach nur Spaßelemente gemeint. Und dann gibt es ja auch noch die Loot-Boxen. Diese Überraschungsboxen bekommen Spieler als Belohnung für besondere Fortschritte oder sie müssen gekauft werden. Obwohl die Gamer nicht wissen, was die Box im Einzelnen enthält, wird immer wieder Geld dafür ausgegeben. Durchschnittlich haben die jugendlichen Spieler innerhalb von sechs Monaten rund 110 Euro für Spiele und solche Extras bezahlt. Dadurch seien die Grenzen fließend zwischen reinem Gaming, also dem Spaß am Spiel, und Gambling, dem Spielen um Geld, besagt die Studie. Loot-Boxen sind in den Niederlanden und Belgien bereits als illegales Glücksspiel verboten. 

Digitale Bildung und Prävention

Es muss etwas für die Aufklärung getan werden, ist das Ergebnis dieser Studie. Kinder und Jugendliche sollten umfassend über die Chancen und die Risiken informiert werden, die die digitale Spielewelt bietet. WestLotto hat an diesem Punkt bereits eine Vorbildfunktion eingenommen. „Smart Camps – Create and Play Responsibly“ heißt das Projekt, mit dem der staatliche Glücksspielanbieter in Kooperation mit dem TÜV Rheinland und der Bildungsinitiative BG3000 nach vorn prescht. Externe Experten besuchen Schulen und stärken in dreitägigen Workshops die Digitalkompetenz der Jugendlichen. Darüber hinaus lehren sie, wie man verantwortungsbewusst mit den zahlreichen digitalen Spielemöglichkeiten umgeht. 

„Schon Jugendliche sind heute im Internet mit einer Vielzahl von Glücksspielangeboten konfrontiert. Viele davon kommen scheinbar harmlos daher, sind aber häufig mehr als eine Taschengeldfalle“, lautet die Begründung für diese Zusammenarbeit von WestLotto-Geschäftsführer Andreas Kötter. Den Lernbedarf bei den jungen Leuten sieht auch Simone Stein-Lücke, die die Bildungsinitiative BG3000 gegründet hat: „Die meisten können Risiken, die im Internet lauern, nicht realistisch einschätzen.“ Es ist demnach umso wichtiger, dass Mädchen und Jungen selbst lernen Fragen zu stellen und darauf zu achten, wo sich Vertrauen lohnt und wo es ratsam ist, Vorsicht walten zu lassen.