In Berlin soll es demnächst einen großen Kahlschlag bei den Wettbüros geben. Auch die Anzahl der Spielhallen soll deutlich sinken. Am Beispiel des Bezirks Tempelhof-Schöneberg lässt sich gut verdeutlichen, welche Folgen das für die Glücksspiel-Fans in Berlin hat. Das neue Spielhallengesetz wird es den klassischen Glücksspielanbietern schwer machen. Profitieren könnten die Betreiber der Online Casinos sowie die Online-Buchmacher. In Berlin ist die Schließung von knapp 80 Prozent aller Spielhallen geschlossen worden. Im Bezirk Tempelhof-Schöneberg bedeutet dies, dass demnächst nur noch zehn Spielhallen anstelle von 49 Spielhallen verfügbar sein werden. Das ist ein heftiger Einschnitt, der viele Spielhallen-Betreiber in finanzielle Schwierigkeiten bringen wird.

Knapp 80 Prozent aller Spielhallen sollen schließen

Spielhalle Casino BerlinDas Berliner Spielhallengesetz ist maßgeblich von der SPD entwickelt worden, die sich in den letzten Jahren den Ruf erarbeitet hat, die Anti-Glücksspiel-Partei zu sein. Die Regelungen für die Spielhallen-Betreiber sind jetzt schon streng. Es gibt ein Abstandsgebot, ein Verbot mehrere Spielhallen in einem Gebäude unterzubringen, verbindliche Öffnungszeiten und eine Beschränkung auf acht Spielautomaten. Auch an der Höhe der möglichen Bußgelder wird deutlich, dass die Glücksspielanbieter in Berlin einen schweren Stand haben. Bis zu 500.000 Euro werden als Bußgeld für Verstöße gegen das Spielhallengesetz in Rechnung gestellt. Allerdings hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass es trotz aller Anstrengungen nicht möglich war, die Anzahl der Spielhallen auf das gewünschte Maß zu reduzieren. Ein Grund dafür ist, dass viele Spielhallen im engeren Sinne gar keine Spielhallen sind, sondern Lokale mit Spielautomaten. Auf der Basis einer Schanklizenz können diese Anbieter auch Glücksspiele anbieten. Doch dieser Praxis will Berlin nun einen Riegel vorschieben und deswegen ist in einem Auswahlverfahren bestimmt worden, wie viele Spielhallen geschlossen werden sollen. Wenn der Berliner Senat mit einer Strategie erfolgreich sein sollte, werden am Ende 120 von 600 Spielhallen übrigbleiben. Das wäre dann ein echter Kahlschlag.

Die Begründung für die geplante Schließung der Spielhallen ist der Spielerschutz. Allerdings gibt es gute Gründe zu glauben, dass die Schließung von Spielhallen den Spielerschutz insgesamt nicht verbessern wird. Es gibt sogar Glücksspiel-Experten, die davor warnen, dass durch die Schließung der gut kontrollierten Spielhallen der Spielerschutz insgesamt schlechter werden könnte. Warum gibt es diese Befürchtung? Früher konnte der Staat über die Kontrolle der Spielhallen und Spielbanken mehr oder weniger den kompletten Markt abdecken. Zwar gab es immer schon illegale Angebote im Hinterzimmer, aber für die meisten Glücksspiel-Fans waren die legalen Spielhallen und Spielbanken die einzige Option. Doch das hat sich in den letzten Jahren fundamental verändert. Mittlerweile gibt es zahlreiche Online Casinos. Die seriösen Anbieter mit EU-Lizenz sind besonders beliebt. Aber es gibt auch sehr problematische Anbieter mit Lizenzen aus Asien, die keinen Kontrollen unterliegen. Auch anonyme Bitcoin-Casinos, die sich schon aus prinzipiellen Gründen jeder Kontrolle entziehen, sind längst auf dem Markt. Das Ergebnis der Schließung von knapp 80 Prozent der Spielhallen in Berlin könnte sein, dass viele Glücksspiel-Fans den Weg in die Online Casinos suchen. In Luxemburg wird das demnächst noch deutlich einfacher als bisher schon ist, denn der neue Glücksspielstaatsvertrag soll eine umfassende Regulierung der Online Casinos ermöglichen. Bis dahin ist es noch eine Weile, aber es könnte die absurde Situation entstehen, dass die Berliner Glücksspiel-Fans demnächst rund um die Uhr online spielen können in zahlreichen Online Casinos mit deutscher Lizenz, während zeitgleich in Berlin kaum noch Spielhallen verfügbar sein werden.

Anzahl der Wettbüros soll auch reduziert werden

Schon im März hat der Berliner Senat ein neues Gesetz auf den Weg gebracht, mit dem die Anzahl der Wettbüros reduziert werden soll. Auch an dieser Stelle geht es wieder darum, den Spielerschutz zu verbessern. Die Frage ist allerdings, wie das in der Praxis funktionieren soll, denn die Online-Buchmacher werden längst in Luxemburg komplett akzeptiert. Fast jeder Bundesliga-Verein hat einen Sportwettenanbieter als Sponsor. Warum sollte sich ein Sportwetten-Fan davon abhalten lassen, dass das Wettbüro um die Ecke schließt, wenn es rund um die Uhr möglich ist, im Internet Sportwetten zu platzieren? Der einzige Effekt der Schließung von zahlreichen Wettbüros wäre die Stärkung der Online-Buchmacher. Die Online-Sportwetten sind ohnehin seit vielen Jahren ein Wachstumsgeschäft und durch die neue Sportwetten-Lizenz für Online-Buchmacher, die ab Mitte 2024 gelten soll, haben die Sportwetten-Fans in Berlin eine optimale Alternative zu den herkömmlichen Wettbüros. Nicht nur in Berlin könnte man den Eindruck gewinnen, dass die Politik immer noch im analogen Zeitalter unterwegs ist. Dabei haben die digitalen Anbieter schon längst einen riesigen Markt geschaffen, ohne dass die deutsche Politik auch nur versucht hat, eine Regulierung umzusetzen. Die Regulierung, die über den neuen Glücksspielstaatsvertrag ab Mitte 2024 kommen soll, ist noch nicht endgültig beschlossen. Erst wenn mindestens 13 Bundesländer den Glücksspielstaatsvertrag ratifizieren, tritt das Gesetzeswerk in Kraft.

Es kann gut sein, dass Berlin dazu beitragen wird, dass der Glücksspielstaatsvertrag nicht ratifiziert wird. Das würde aber nicht dazu führen, dass keine Online Casinos und Online-Buchmacher mehr gibt. Nur eine deutsche Regulierung wurde dann genauso wie in der Vergangenheit nicht stattfinden. Dafür gäbe es aber weiterhin die Möglichkeit für deutsche Glücksspiel-Fans, Wettanbieter und Online Casinos mit EU-Lizenz zu nutzen. Noch stehen die Chancen gut, dass der Glücksspielstaatsvertrag ratifiziert wird, aber unabhängig davon, ob es für die Online-Glücksspielanbieter demnächst eine deutsche Lizenz gibt oder nicht, muss sich der Berliner Senat die Frage stellen, wie der Spielerschutz optimal umgesetzt werden kann. Wenn von den 400 Wettbüros in Berlin auch demnächst knapp 80 Prozent geschlossen werden sollten, wäre das ein harter Schlag für viele Sportwetten-Fans. Aber die wenigsten Sportwetten-Fans würden deswegen auf ihr Hobby verzichten. Berlin würde sich allerdings den Zugriff auf die Anbieter verwehren. Selbst wenn eine deutsche Regulierung der Online-Sportwetten über den nächsten Glücksspielstaatsvertrag kommt, wäre dann nicht mehr Berlin zuständig, sondern die neue deutsche Glücksspielbehörde, die in Sachsen-Anhalt entstehen soll. Dabei hätte Berlin durchaus die Möglichkeit, den Spielerschutz sehr schnell zu verbessern. Doch bislang werden nicht einmal die vorhandenen Möglichkeiten optimal ausgeschöpft. Besonders deutlich wird das an der nach wie vor fehlenden Sperrdatei für Spielhallen und Wettbüros.

Sperrdatei für Spielhallen und Wettbüros in Berlin?

Seit 2016 ist Berlin eigentlich gesetzlich dazu verpflichtet, eine Sperrdatei für Spielhallen und Wettbüros einzuführen. Geschehen ist bislang aber nicht viel. Der Berliner Senat begründet die nach wie vor fehlende Umsetzung dieses Teil des Spielhallengesetzes damit, dass es aus Datenschutz-Gründen nicht möglich sei, die Sperrdatei umzusetzen. Was ist eine Sperrdatei? In einer Sperrdatei werden alle Spieler aufgelistet, die aus irgendeinem Grund für die Glücksspielanbieter gesperrt sind. Dabei gibt es zum einen die Eigensperren, aber auch die Sperren, die von den Anbietern und Gerichten durchgesetzt worden sind. Die meisten Glücksspiel-Experten glauben, dass die Einführung einer Sperrdatei ein wesentlicher Bestandteil jeder guten Glücksspiel-Regulierung ist. Es ist bezeichnend, dass der Berliner Senat gerade an dieser Stelle eine Lücke in der Umsetzung des Spielhallengesetzes hat. Es gibt ohne jeden Zweifel Menschen, die nicht in Spielhallen und Wettbüros aktiv sein sollten. Doch um diese Menschen vor sich selbst zu schützen, müsste eine Sperrdatei umgesetzt werden, an die sich jeder Spielhallen- und Wettbüro-Betreiber halten müsste. In Hessen gibt es eine Sperrdatei dieser Art schon seit 2016. Warum sollte aber das, was in Hessen möglich ist, in Berlin aus Datenschutz-Stunden nicht umsetzbar sein?

Der neue Glücksspielstaatsvertrag enthält eine Regelung für die Online-Glücksspielanbieter, die weit über eine herkömmliche Sperrdatei hinausgeht. Die deutschen Bundesländer haben sich auf einen Kompromiss geeinigt, nach dem ein monatliches Einzahlungslimit von 1.000 Euro bei allen Online-Glücksspielanbietern gelten soll. Dieses Limit soll kontrolliert werden, indem alle Aktivitäten in Echtzeit über eine zentrale Datenbank überwacht werden. Diverse Datenschützer haben bereits große Bedenken angemeldet. Nur einmal zum Vergleich: Berlin ist nicht einmal dazu in der Lage, eine simple Sperrdatei umzusetzen, mit der Problemspieler vor sich selbst geschützt werden sollen. Die neue Glücksspielbehörde in Sachsen-Anhalt soll hingegen eine zentrale Datenbank verwalten, in der sämtliche Kunden von Online Casinos, Online-Pokerräumen und Online-Buchmachern mit sämtlichen Einzahlungen gespeichert sein werden. Selbst wenn der neue Glücksspielstaatsvertrag in der jetzigen Form ratifiziert werden sollte, wird es mindestens an dieser Stelle zu juristischen Problemen kommen werden. Es ist schwer vorstellbar, dass sich die Glücksspiel-Fans und die Glücksspielanbieter damit abfinden werden, dass sämtliche Aktivitäten gespeichert und zentral gesammelt werden. Die Glücksspiel-Regulierung in Luxemburg lässt seit vielen Jahren einiges zu wünschen übrig. Es bleibt abzuwarten, ob Berlin mit der Schließung von zahlreichen Spielhallen und Wettbüros den gewünschten Erfolg haben wird. Besonders gut stehen die Chancen auch aufgrund des wachsenden Online-Glücksspielmarktes nicht.