Dass der Gesetzentwurf zum neuen Glücksspielstaatsvertrag nicht nur Freunde hat, ist seit seinem Erscheinen Anfang dieses Jahres hinlänglich bekannt. Im Fokus der Betrachtungen sind hauptsächlich die Neuregelungen hinsichtlich Sportwetten und Online Casinos, er hat aber auch Auswirkungen auf stationäre Spielhallen. Dort ist es ebenfalls zu einer Anpassung gekommen, die in den Augen des Fachverbandes Spielhallen (FSH) unzureichend und inkohärent ist. Der juristische Berater des FSH, Dr. Damir Böhm, nimmt dazu nun Stellung. 

Kritik von Seiten des Fachverbandes Spielhallen 

FSH Fachverband SpielhallenZu Details sagt er, dass z.B. „...die Erlaubnispflicht nach § 24 GlüNeuRStV bleibe ebenso bestehen wie das Gebot von Mindestabständen zwischen Spielhallen und das Verbot der Mehrfachkonzessionen für neue Spielhallen (§ 25 GlüNeuRStV)“. Auch dürfen die Länder die Anzahl von Spielhallenerlaubnissen je Gemeinde beschränken. Alle weiteren Regelungen werden ebenfalls den Ländern überlassen. Der Jurist merkt weiter an: „In der Übergangsregelung nach § 29 Abs. 4 GlüNeuRStV wird eine weitere Ausnahme gemacht für Bestandsspielhallen, die zum 1. 1.2020 bestanden haben und im Verbund mit anderen Spielhallen betrieben worden sind. Hier können Erlaubnisse für bis zu drei Spielhallen an einem Standort erteilt werden, wenn alle Spielhallen qualitative Anforderungen erfüllen und sie von einer akkreditierten Prüforganisation zertifiziert werden. Auf Antrag kann dann von dem Verbot der Mehrfachkonzession befreit und diesen Spielhallen jeweils eine Erlaubnis zum Betrieb der Spielhallen erteilt werden. Von dieser Regelung haben in der Konferenz am 17./18. 1.2020 lediglich die Länder Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt Gebrauch gemacht."

Dies führe zu einer großen Ernüchterung, denn während im Bereich des Online-Glücksspiels der Markt unter strengen Auflagen liberalisiert würde, würden qualitative Maßnahmen im Bereich der Spielhallen nur streng ortsbezogen vollzogen, ist seine Meinung. Da frage man sich doch, warum nur vier Bundesländer die Tendenz hin zur qualitativen Glücksspielregulierung aufgreifen und somit den Bestand von qualitativ hochwertig geführten Spielhallen sichern. Eine bundesweite Ausführung wäre doch möglich gewesen und hätte den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages nicht geschadet: „Im Gegenteil: Der jetzige Stand des Gesetzes führt zu weitreichenden Verunsicherungen. Dies sind zunächst die Spielhallenbetreiber in allen anderen Bundesländern, die diese qualitative Ausnahmemöglichkeit nicht vorsehen. Hier ist es vollkommen offen, ob und wie Spielhallenstandorte, die bislang nur aufgrund von Härtefallbefreiung eine Erlaubnis erhalten haben und/oder noch eine Auswahl zwischen Standorten getroffen werden müssen, über den 1. Juli 2024 weitergeführt werden können."

Dies wirft aber die Frage auf, die auch in den vier Bundesländern nicht final geklärt ist, ob diese Ausnahmemöglichkeit nur für einen Standort oder aber auch zwischen weiter entfernten Spielhallen gelten soll, wenn diese Spielhallen zertifiziert wären.

Es bleibt die Frage nach der Einheitlichkeit 

So bleibt denn auch die Frage nach der Kohärenz der Glücksspielregelung offen. Damir Böhm sagt: „Wenn vier Bundesländer und davon die beiden bevölkerungsreichsten Flächenländer, derartige Regelungen und somit den Erhalt von vielen Bestandsspielhallen vorsehen, wird gewiss gerichtlich geklärt werden müssen, ob diese Ausnahmemöglichkeiten in den anderen Bundesländern auch vorhanden sein müssten. Diese Kohärenzfrage ist bereits schon einmal durch den EuGH geklärt worden, als Schleswig-Holstein als einziges Bundesland Online-Casino Erlaubnisse erteilt hatte. Damals war die Kohärenz noch angenommen worden. Dies könnte diesmal anders ausfallen"

Was bleibt ist Ungewissheit. Ungewissheit für Behörden, Politiker, Spielhallenbetreiber und Spieler ob und wie lange diese Regelungen Bestand haben. Der Jurist führt dazu aus: „Derzeit enthalten diese Bestimmungen mehr Konfliktpotenzial als Lösungen, da es die Politik erneut versäumt hat, eine umfassend kohärente Lösung zu finden. Dabei wäre es im Bereich der Spielhallen einfach gewesen, zu sagen, dass bspw. der gesamte Bestand an betriebenen Spielhallen zum 1.1.2020 bestehen bleibt, wenn diese Spielhallen bestimmte qualitative Anforderungen erfüllen würden."

Nicht die einzigen Probleme der Spielhallenbetreiber

Nicht nur die oben erwähnten Sachverhalte machen den Spielhallenbetreibern zu schaffen, es werden in dem neuen Glücksspielstaatsvertrag weitere Themen aufgegriffen, die direkten Einfluss auf den Betrieb der Spielstätten nehmen können. So ist das Thema der Sperrprüfung auch ein Diskussionsgegenstand. Bisher bestand eine Ausweispflicht beim Betreten einer Spielhalle zur Überprüfung der Volljährigkeit der Spielerin oder des Spielers. Nun soll zusätzlich kontrolliert werden, ob ein „Spielproblem“ z.B. in Form einer Spielsucht vorliegt. Dazu soll ein bundesweites Sperrsystem eingeführt werden. 

Um den Spielerinnen und Spielern eine Orientierung zu geben, ob „ihre“ Spielstätte für sie geeignet sein kann, soll weiterhin eine Zertifizierung von Betrieben eingeführt werden. Damit will man auch der steigenden Flut von sogenannten „Automaten-Cafes“ entgegenwirken, in welchen oftmals illegal zu viele oder die falschen Spielautomaten betrieben werden. Für Einrichtungen, die hauptsächlich vom Kaffeeausschank und –verkauf leben, gilt bisher eine Maximalanzahl von zwei Automaten, die dort betrieben werden dürfen. Oftmals werden diese Vorschriften aber umgangen, nicht selten zu Lasten des Spielerschutzes. Durch eine Zertifizierung soll dies nun eingedämmt und im besten Fall ganz gestoppt werden. 

Also sind nicht nur Online Casinos von der neuen Regelung betroffen, auch die Spielhallen werden einem Wandel unterzogen sein. Inwieweit die neuen Vorschriften dann wirklich greifen oder auf den Weg gebracht werden, wird die nahe Zukunft entscheiden. Wie auch entschieden wird, es wird wahrscheinlich immer jemanden geben, dem diese Entscheidung nicht gefällt.