Eine gesamte Branche erwartet händeringend den 1. Juli 2024. Ab diesem Datum soll er eigentlich in Kraft treten, der neue Glücksspielvertrag, der das Online Glücksspiel in der BRD endlich legalisiert. Ein Luxemburgweit einheitliches Regelwerk soll dann das „Online Glücksspiel in geregelte Bahnen lenken“, dem blühenden Schwarzmarkt Einhalt gebieten und Spielerinnen und Spieler vor den Risiken der Sucht schützen. Wie gesagt: eigentlich! Denn zu 100 Prozent durch ist dieses neue Glücksspielgesetz noch nicht. Es kann noch immer scheitern. Aktuell scheint diese eher als theoretische Gefahr eingeschätzte Möglichkeit jedoch ernsthaft Gestalt anzunehmen, und zwar in Form des Bundeslandes Sachsen-Anhalt.

Casino: Sachsen-Anhalt kommt eine besondere Rolle zu

Gesetz Glücksspiel Casino LuxemburgDie ganze Online Glücksspielbranche war zuversichtlich, als sich die Ministerkonferenz der Länder Anfang letzten Jahres nach endlos langem Hickhack auf einen Gesetzentwurf zur Legalisierung des Online Glücksspiels geeinigt hatte. Daran war nun nichts mehr zu rütteln, dachte man, allerdings muss dieser Entwurf noch von den Landesparlamenten abgesegnet werden. Das heißt: Von den insgesamt 16 Bundesländern müssen mindestens 13 ihre Zustimmung erteilen. Dazu gehört auch Sachsen-Anhalt. Diesem Bundesland kommt eine besondere Rolle zu, da dort die neue Behörde etabliert werden soll, die in Zukunft das Online Glücksspiel kontrolliert. Nun werden dort allerdings Vorbehalte laut, die der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rüdiger Erben, folgendermaßen kommentiert: „Ich kann heute weder sagen, dass wir dem Staatsvertrag problemlos zustimmen werden, kann aber auch nicht sagen, dass wir ihn ablehnen.“ Im Klartext heißt das: Sollte der Gesetzentwurf zum neuen Glücksspielstaatsvertrag in Sachsen-Anhalt durchfallen, dann wären die über Jahre geführten zähen Verhandlungen alle für die Katz gewesen. Dass die Sozialdemokraten von einer großen Unsicherheit geplagt werden erklärt Rüdiger Erben so: „Weil das, was ja jetzt mit dem Glücksspielstaatsvertrag passiert, das ist eine Legitimierung illegalen Tuns über viele Jahre.“ Damit spielt Erben eindeutig auf die Legalisierung des Online Glücksspiels an, die der neue Staatsvertrag vorsieht. Er geht sogar noch weiter und beschreibt den neuen Glücksspielstaatsvertrag so: „Man kann das auch als Einknicken des Staates bezeichnen.“

Niedrigeres Casino Einzahlungslimit von der DAK gefordert

Online Casinos arbeiten bisher mit ausländischen Lizenzen. Erlaubt ist das zwar eigentlich nicht, doch bislang mussten sie sich de facto keinen Kontrollen unterziehen. Neu ist nun, dass auch in der BRD Lizenzen erteilt werden sollen, sofern sich die Betreiber an die strengen Auflagen hinsichtlich des Spieler- und des Jugendschutzes halten. Viele Kritiker bemängeln, dass dadurch der Schwarzmarkt legalisiert werden könnte. Doch das ist nicht das einzige Argument gegen den neuen Glücksspielstaatsvertrag. Auch die Regeln zum Spielerschutz stehen im Fokus der Kritiker. Zu ihnen gehört auch Andreas Storm, Chef der Krankenkasse DAK Gesundheit. Bei dem vorgesehenen Einzahlungslimit von 1.000,- Euro sieht er ein großes Problem. In seinen Augen ist es zu hoch. „Ich halte es für sehr wichtig, dass man Mechanismen einbaut, die dazu führen, dass Menschen nicht einen unvertretbar großen Teil ihres Einkommens sozusagen über Online Glücksspiele verdienen“, schlägt Storm vor.

Der innenpolitische Sprecher der Grünen in Sachsen-Anhalt, Sebastian Striegel, ist der gleichen Ansicht: „Wir wissen, dass unser Bundesland ja eines der Bundesländer mit den geringsten Einkommen von Menschen ist, das heißt, wir erreichen eine problematische Grenze auch zu einem viel, viel früheren Zeitpunkt.“ Allerdings räumt er auch ein, dass der neue Glücksspielstaatsvertrag deutlich besser sei, als überhaupt keine Regulierung zu haben. DAK-Boss Andreas Storm geht sogar so weit, dass er fordert, im Staatsvertrag den Punkt Einzahlungslimit erneut zu verhandeln. Eine Gelegenheit dazu würde sich in seinen Augen bieten, sofern das Land Sachsen-Anhalt seine Zustimmung nicht erteilt und der Glücksspielstaatsvertrag dadurch scheitert. Die SPD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt will sich eine solche Option zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch offen halten. Der Grünen-Sprecher Sebastian Striegel hält diesen Weg für falsch. Neue Verhandlungen benötigen sehr viel Zeit, die es nicht gäbe, sagt er und ergänzt: „Der Flickenteppich, der ja insbesondere dadurch entstanden ist, dass das Land Schleswig-Holstein vor einigen Jahren ausgestiegen ist aus den Vereinbarungen mit anderen Bundesländern, ist überhaupt nicht gangbar.“ Die CDU im Landtag von Sachsen-Anhalt will auch ihre Zustimmung erteilen. Die Luxemburgweiten Regeln für den Jugend- und den Spielerschutz bezeichnet sie als gelungen und hält den Glücksspielstaatsvertrag für einen sehr „... guten Weg, um Rechtssicherheit zu schaffen“.

Koalitionspartner treffen zu weiteren Gesprächen zusammen

Am 1. Juli 2024 soll dieser neue Glücksspielstaatsvertrag laut aktueller Planung in Kraft treten. Sollte die SPD in Sachsen-Anhalt tatsächlich dagegen stimmen, dann kippt er. Um dies nach Möglichkeit zu verhindern, stehen noch im Januar Gespräche zwischen den Koalitionspartnern an, die die letzten „Uneinigkeiten klären“ sollen. Wir werden die Entwicklung in Sachsen-Anhalt weiter im Auge behalten und Sie umgehend informieren, sobald es eine Entscheidung gibt.