Es ist in Luxemburg doch noch möglich Großprojekte zu realisieren. Allen Unkenrufen zum Trotz scheint die Reform des Glücksspielstaatsvertrags nun sehr konkrete Formen anzunehmen und sich zu keinem zweiten Stuttgart 21 oder BER zu entwickeln. Aber wo Licht ist, da ist bekanntlich auch Schatten. Und die, die im Schatten stehen, dazu könnten viele Sportvereine und Ausrichter von Sportevents zählen. Denn sie müssen durch die Reform des Glücksspielstaatsvertrags wohl mit erheblichen Einbußen rechnen. Und das sind keine Peanuts, die da auf sie zukommen, wenn der Vertag in seiner jetzt vorgestellten Ausführung wirklich realisiert wird.

Kein Geld mehr für Sportsponsoring? 

Bundesliga 2024 SportwettenDer deutsche Profisport kassierte letztens die stolze Summe von 43 Millionen Euro aus Erträgen, die durch das Sponsoring von Anbietern aus dem Glücksspiel-Sektor eingenommen wurden. Davon könnte sich manch ein Profi-Fußballclub immerhin einen mittelbegabten Spieler kaufen oder jede Menge Trikotsätze. Auch kann man vielleicht einen neuen Kunststoff-Rasenplatz anlegen oder ein Trainingslager absolvieren. Auf jeden Fall: das Geld wird benötigt. Und für so manchen ehemaligen Profil-Sportler, der für Glücksspiel- oder Sportwetten-Anbieter im Fernsehen oder Internet wirbt, ist das ebenfalls ein willkommener Zuverdienst. Bis dato tummeln sich 28 Anbieter – Tendenz steigend – auf verschiedensten Werbeplattformen wie Trikots, Bandenwerbung, CarpetCams und vieles mehr. 

Und woran krankt nun die neue Reform aus Sicht des Sportes? Zwar sollen weiterhin Ereigniswetten zugelassen werden, also Wetten auf eine Rote Karte, das erste oder letzte Tor, den ersten Platzverweis oder ähnliches, aber aufgrund der Manipulationsgefahr nicht mehr als Live-Wetten. Dazu Mathias Dahms, Präsident des Deutschen-Sportwetten-Verbandes in einer Stellungnahme: „Aber wir haben Sie schon mal hochgerechnet, wenn im Bereich der Live-Wette zum Beispiel, die heute sehr beliebt ist bei den Kunden und etwa 60 Prozent des gesamten Wettvolumens ausmacht. Wenn die dort im Staatsvertrag niedergelegten Einschränkungen tatsächlich dann auch so umgesetzt werden, dann würden wir etwa 70 bis 80 Prozent des heutigen Wettvolumens verlieren. Das sind dann also in der Größenordnung drei Milliarden Euro.“ Kein Pappenstiel würde man wohl sagen. Und man kennt es schon aus anderen Branchen. Wenn weniger Geld fließt muss irgendwo gespart werden. Und dies könnte gerade im Sponsoring greifen, d.h. weniger Geld für die Vereine. Und dies würde schlechtere Bedingungen nach sich ziehen um sportlich erfolgreich zu sein, und man würde sowohl national als auch international an Boden verlieren. Und noch etwas wäre zu befürchten, wie Ronald Reichert, renommierter Anwalt für den Glücksspiel-Markt formuliert: „Wenn es nicht gelingt, dass der Großteil des Marktes die erlaubten Angebote annimmt, dann wird natürlich der Sport ein erheblich geringeres Volumen an Anbietern vorfinden. Und das führt zwangsläufig dazu, dass die Werbeverträge nicht mehr so attraktiv sind.“ Er befürchtet nämlich eine Abwanderung der Spielerinnen und Spieler, die ihr Geld gern in Live-Wetten investieren, in den Schwarzmarkt.

Und wie sieht es mit dem Breitensport aus?

Na ja, der wird irgendwie stiefkindlich behandelt, bzw. findet überhaupt keine Erwähnung in der neuen Reform. Damit wurden, wie schon in der Vergangenheit, die Stimmen der Sportfunktionäre nicht gehört. Aber gerade die Einnahmen aus den Sponsoringverträgen oder den Sportwetten sind für den Breitensport extrem wichtig, wie Martin Nolte, juristischer Berater von der Sporthochschule Köln, ausführt, da der organisierte Sport zahlreiche Events veranstaltet und finanziert, auf die gewettet wird: „Für die wird auch der organisierte Sport nach wie vor streiten, weil es nicht sein kann, dass er die Ausgaben und die Aufwendungen hat, dann auch noch die Risiken aus der Manipulation von Sportwettbewerben trägt – und auf der anderen Seite die Länder die fiskalischen Erträge für sich generieren. Das passt nicht zusammen, das ist eine Asymmetrie und die muss aufgehoben werden durch eine Finanzierungsgarantie.“

Aktuell gibt es eine Möglichkeit, dass dem Breitensport doch noch Gehör verschafft wird. Es kommt noch zu einer Anhörung, auf der die Möglichkeit der Integration einer Abgabe für den Breitensport in den neuen Glücksspielstaatsvertag eingebracht werden kann. Der Deutsche Olympische Sportbund, der Deutsche Fußball-Bund und die Deutsche Fußball-Liga werden noch einmal angehört. Schließlich sind sie die Vertreter von zig Millionen Sportlerinnen und Sportlern, die in Vereinen organisiert ihrer Leidenschaft nachgehen. Leider wurden diese Stimmen in der Vergangenheit nicht gehört, obwohl mit 300 Millionen Euro Steuereinnahmen von privaten Wett-Anbietern einiges an Geld zur Verfügung stehen würde. Erinnert sei nur mal an den Sportbeirat des bisherigen Aufsichtsgremiums, des Glücksspielkollegiums, „der vor acht Jahren eingerichtet wurde, zwar vielfältige Stellungnahmen in der Vergangenheit abgegeben hatte, die aber nicht so berücksichtigt worden sind in der Diskussion, wie es der Sportbeirat doch hätte erwarten können,“ so Martin Nolte. 

Kann die neue Behörde alles richten? 

Zwischenzeitlich hatte man sogar die Arbeit ganz eingestellt, aus Mangel an Wirksamkeit, und selbst die privaten Anbieter plädierten für eine Abgabe, so Nolte: „Wir setzen uns als Deutscher Sportwetten-Verband seit vielen Jahren dafür ein, dass der Sport in einer festgelegten Größenordnung an den Steuereinnahmen, die aus der Sportwette generiert werden, beteiligt wird. Wir unterstützen da die Forderung des Sports, dass etwa ein Drittel der Sportwettensteuer tatsächlich auch direkt dem Breitensport zukommen soll.“

Richten soll es nun die neue Behörde, die das Glücksspielkollegium ersetzen wird. Aber es herrscht auch dort Skepsis. Ronald Reichert bezweifelt, dass sie rechtzeitig implementiert werden kann. Und was soll sie überhaupt leisten? Dazu Glücksspielforscher Tilmann Becker von der Universität Hohenheim: „Sie muss gegen die illegalen Angebote vorgehen. Sie muss die Zahlungsströme sperren. Sie muss auch im Internet eventuell die Seiten blockieren oder umlenken auf eine sogenannte Stoppage. Sie muss dafür sorgen, dass für den Verbraucher deutlich wird, was legal ist und was illegal ist.“

Das erscheint wirklich erstmal sinnvoll und notwendig. Ob es tatsächlich so kommen wird, allein schon im Sinne des Sports, steht derzeit noch in den Sternen.