Millionen Euro werden jährlich durch das staatlich kontrollierte Glücksspiel in die Staatskassen gespült. Aktuell steht die Verwendung von Lotto-Einnahmen stark im Fokus der Öffentlichkeit, denn spätestens seit dem Lotto-Skandal in Sachsen-Anhalt wünscht man sich an diesem Punkt deutlich mehr Transparenz. Mit Blick auf den Bundes-Nachbarn will sich Thüringen nun im eigenen Land der Sache annehmen und Abhilfe schaffen. Mit der „mangelnden Nachweisbarkeit und Transparenz“ soll endlich Schluss ein.

Lotto Überschuss von mehr als 15 Millionen Euro

Lotto Dem Thüringer Glücksspielgesetz zufolge unterliegt die Verwendung von Lotto-Einnahmen strengen Auflagen. Ausschließlich zur „Förderung kultureller, sozialer, umweltschützerischer und sportlicher Zwecke" dürfen sie verwendet werden. Der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen und das Glücksspielgesetz des Landes regeln weitere Einzelheiten. Laut dem Jahresabschlussbericht der Lotterieverwaltung in Thüringen hatten die Staatslotterien im Jahr 2019 einen Überschuss von insgesamt rund 15,4 Millionen Euro erwirtschaftet. Davon erhalten einige Organisationen (Destinäre) regelmäßig ihren Anteil. Mit dabei ist der Landessportbund (LSB). Er bekommt den Löwenanteil mit rund 9,6 Millionen Euro. 5,4 Millionen Euro erhält die Freie Wohlfahrtspflege. Weiter geht es mit der Stiftung Naturschutz Thüringen, die 108.000,- Euro erhält, und dann kommen auch noch die Gartenfreunde Thüringens mit 19.000,- Euro. Über die Lotto-Gelder dürfen sich dann die Mitgliedsverbände und -vereine freuen, an die der Landessportbund es verteilt. Beispielsweise gingen 2019 gut 4,8 Millionen Euro an die Sportfachverbände in Thüringen sowie die Stadt- und Kreissportbünde. Die Sportvereine in Thüringen teilten sich dann noch 1.972.000,00 Euro. Weitere 2,7 Millionen Euro entfielen an den Nachwuchsleistungssport, die Finanzierung der Trainer und Untersuchungen im Bereich Sportmedizin. Darüber hinaus floss noch eine Unterstützung von 330.000,- Euro an die Sportjugend Thüringens.

Derzeit sieht die Zusammensetzung des LSB folgendermaßen aus: insgesamt 3.384 Sportvereine, 48 Sportfachverbände, 23 sogenannte Anschluss-Organisationen sowie ebenfalls 23 Stadt- und Kreissportbünde. Außerdem dabei ist der Thüringer Olympiastützpunkt, die Sportjugend Thüringens, die Landessportbund Thüringen Bildungswerk GmbH und die Landessportbund Thüringen Sportmanagement GmbH. In den Sportvereinen Thüringens sind aktuell 365.398 Mitglieder organisiert.  Der Freien Wohlfahrtspflege Thüringens sind insgesamt sechs Wohlfahrtsverbände angeschlossen. Alle bekommen ebenfalls Lottogelder, die über einen bestimmten Verrechnungsschlüssel verteilt werden. Von den 5,4 Millionen Euro, die die Wohlfahrtspflege 2019 erhalten hat, gehen 60 % zu gleichen Teilen an die angeschlossenen Verbände. Die übrigen 40 % werden an die Verbände verteilt. Die Höhe richtet sich dabei nach den Mitarbeiterzahlen - „Ehrenamtler“ werden nicht mit eingerechnet.

Der größte Batzen geht an die Diakonie, da sie über die meisten Angestellten verfügt. Danach kommt dann der Paritätische Wohlfahrtsverband, und dem folgen die AWO, die DRK, der Jüdische Wohlfahrtsverband und die Caritas. Rund 60.000 Mitarbeiter werden insgesamt von den verschiedenen Wohlfahrtsverbänden beschäftigt. Wie sie im Einzelnen die Lottogelder verwenden ist nicht bekannt.

Viele Fragen bleiben offen 

Mit Antworten gehen die Lotto-Empfänger äußerst sparsam um. Der LSB lehnte sogar eine Einsicht in die Jahresbilanz von 2019 ab. Dabei verwies er auf steuerrechtliche und Datenschutzgründe. Bei den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege verhielt es sich ähnlich. Auch sie machen ein Geheimnis daraus, wofür die Lottogelder letztendlich verwendet wurden. Sowohl der Landessportbund, als auch die Wohlfahrtsorganisationen sind allerdings der Meinung, dass sie einer „Transparenz in Sachen Lottomittel-Verwendung“ durchaus nachgekommen sind. Dies ginge aus dem jährlichen Abschlussbericht hervor, in dem ein Wirtschaftsprüfer eine Verwendung attestiert, die den jeweiligen Satzungen entspricht. Weiterhin wird darauf verwiesen, dass die Prüfungen der Jahresberichte in der Verantwortung des Rechnungshofes und der Thüringer Staatslotterie liegen. Abschließend weisen sie darauf hin, dass eine „... gesetzlich vorgeschriebene Nachweispflicht und Transparenz nicht besteht, weil es sich laut Finanzministerium bei den Lottomitteln weder um Steuereinnahmen noch um Fördergelder handelt“.

Offenbar sind die Ministerien ebenfalls ahnungslos, was die Verwendung der Lottomittel betrifft. Der Jahresbericht für 2024 vom Landesrechnungshof deckt sich jedenfalls mit den Aussagen der Ministerien. In ihm wird folgendes kritisiert: „Die fehlende Prüfung der an die Liga der Freien Wohlfahrtspflege aus Spieleinsätzen der staatlichen Lotterien ausgereichten Mittel". Das ist noch nicht alles. Im weiteren Wortlaut ist zu lesen: „Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (TMASGFF) hat bereits im Jahr 2000 mit dem Thüringer Finanzministerium (TFM) abgestimmt, dass Wirtschaftsprüfertestate und Sachberichte der jeweiligen Spitzenverbände als Nachweis der satzungsgemäßen Verwendung ausreichen. Allerdings konnten weder das TFM noch das TMASGFF die satzungsgemäße Verwendung der Landesmittel auf Grundlage dieser Nachweise prüfen. Die festgelegten Instrumente waren ungeeignet."  

Neue Thüringer Staatslotterie ist zuständig

Grundsätzlich moniert der Rechnungshof, dass es noch immer keine Kriterien gäbe, die „... festlegen, wie die Millionenbeträge in den Sozialverbänden konkret verwendet werden.“ Damit ist auch gesagt, dass es nicht möglich ist zu prüfen, wie und wofür dieses Geld eingesetzt wird. Daher wird jetzt ein transparentes Nachweisverfahren vom Rechnungshof gefordert. Das fällt in die Zuständigkeit der Anfang des Jahres neu gegründeten Staatslotterie Thüringen. Die entsprechende Zuständigkeit wurde ihr als Anstalt Öffentlichen Rechts vom Land, bzw. dem Finanzministerium übertragen. Dies blieb nicht ohne Reaktion. Mitte Juli wurde im Thüringer Staatsanzeiger veröffentlicht, dass die im Thüringer Glücksspielgesetz verankerten Nachweiskriterien deutlich verschärft wurden. Geschäftsführer der Thüringer Staatslotterie ist Jochen Staschewski. Er sagte in einem Interview, dass es in Zukunft möglich sei, die Lottogeld-Verwendung bis hin zu jedem einzelnen Empfänger nachzuvollziehen. Früher war es für die Destinäre ausreichend, die Verwendung innerhalb des Verbandes nachzuweisen. Das wird sich nun aller Voraussicht nach ändern.

Am 16. September 2024 wird laut Staschewski ein Meeting bei der Staatslotterie stattfinden, zu dem der LSB, die Wohlfahrtsorganisationen, die Stiftung Naturschutz Thüringen und die Thüringer Gartenfreunde geladen sind. Thema dieses Meetings sind die neuen Nachweisregeln und deren Umsetzung.  

Was viele nicht wissen, ist die Tatsache, dass grundsätzlich jeder gemeinnützige Verein sowie ehrenamtlich arbeitende Personen bei den zuständigen Ministerien Lottomittel beantragen können. Laut Finanzministerium gibt es hierzu einen Kabinettsbeschluss, der festlegt, dass Anfang eines jeden Jahren die jeweiligen Ministerien 200.000,- Euro erhalten, und die Staatskanzlei bekommt nochmal 400.000,- Euro. Diese Beträge stammen aus den Überschüssen der Lottogesellschaft, die nicht an die Destinäre ausgeschüttet wurden - immerhin 10 Millionen Euro jährlich. Dieses Geld fließt direkt in den Haushalt des Landes und wird von dort aus unter die jeweiligen Ministerien aufgeteilt.