Nachdem im Sommer der Ibiza Untersuchungsausschuss der Verachtung vornehmlich junger Politiker und Würdenträger ausgesetzt war, beschäftigt er sich aktuell wieder vermehrt mit dem Glücksspiel. Um den Fragen nach dem mutmaßlichen Gesetzeskauf „für“ die Glücksspielindustrie in Zeiten der türkis-blauen Regierung auf den Grund zu gehen, wurden von der Novomatic der Manager Alexander Legat sowie der Aufsichtsratsvorsitzende Bernd Oswald geladen. Außerdem dabei ein gewisser Peter B., bei dem es sich um einen ehemaligen Geschäftspartner der Novomatic AG handeln soll. Im Mittelpunkt steht die alles entscheidende Frage, ob der Glücksspielkonzern auf die Gesetzgebung der Regierungsparteien Einfluss nehmen wollte und konnte. Der Vorwurf, der dabei im Zentrum steht, dreht sich um das FPÖ-Versprechen einer vorteilhaften Glücksspielgesetzgebung der Novomatic gegenüber, sofern der Konzern im Gegenzug die Bestellung Peter Sidlos in den Casinos Austria AG Vorstand unterstützt.  

Neuer Amtsvermerk deutet Falschaussage von Glatz-Kremsner an

Glatz Kremsner U-AusschussEmpört verwehrt sich die Generaldirektorin der Casinos Austria AG (CASAG) Bettina Glatz-Kremsner gegen den Vorwurf, eine Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss abgelegt zu haben. „Es geht aus dem Kontext der Befragung klar hervor, dass es bei den entsprechenden Fragen nach einem Gespräch zwischen Glatz-Kremsner und Heinz-Christian Strache über Peter Sidlo um mögliche Absprachen und Hintergrunddeals ging. Derartige Gespräche hat Glatz-Kremsner wahrheitsgemäß verneint“, heißt es in einem offiziellen CASAG Statement. Darüber hinaus wird darin betont, dass sich die angesprochenen Korrespondenzen auf einen „positiven und konstruktiven Umgang mit Peter Sidlo beziehen“. Schließlich hätte es sich bei Sidlo um einen neuen Vorstandskollegen gehandelt, und deshalb hatte Frau Glatz-Kremsner natürlich ein großes Interesse daran ein „gutes Miteinander im Sinne des Unternehmens“ zu fördern. Eine solche Erklärung hatte die CASAG Generaldirektorin bereits während ihres Eingangsstatements vor dem U-Ausschuss abgegeben. Nun tauchte ein neuer Amtsvermerk auf, in dem eine auf Januar 2019 datierte SMS von Heinz-Christian Strache an Bettina Glatz-Kremsner zitiert wird: „Hallo liebe Bettina! Hoffe, es geht dir gut. Bezüglich Peter Sidlo ist alles auf Schiene! Danke für deine Unterstützung! Lg HC.“ Die Antwort der Generaldirektorin lautete wie folgt: „Lieber Heinz, das freut mich und Unterstützung sehr gerne und aus Überzeugung! Liebe Grüße und alles Liebe für dein Familienglück – Bettina.“

Aktuell wollen die NEOS prüfen, ob es zu einer Anzeige wegen Falschaussage kommt. Die Fraktionsführerin der NEOS, Stephanie Krisper, räumt jedoch ein, dass dieser Amtsvermerk dem U-Ausschuss derzeit noch nicht vorliegt, aber mit der „nächsten Lieferung“ erwartet würde. Die Abgeordnete wird dann dieses Dokument „auf Widersprüche abklopfen“, ebenso, wie sie es schon in anderen Fällen getan hat. Kai Jan Krainer ist Fraktionsführer der SPÖ. Er hofft, dass der Ausschussvorsitzende, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka von der ÖVP, in dieser Sache aktiv wird. Christian Hafenecker von den Freiheitlichen treibt die Frage um, ob Bettina Glatz-Kremsner „... zum Zeitpunkt ihrer Einvernahme tatsächlich bereits als Beschuldigte geführt worden sein könnte.“

Kurz sieht sich als Gast vor dem U-Ausschuss

„Ein Maximum an Selbstschädigung des politischen Systems“ hatte eine große deutsche Wochenzeitung noch vor wenigen Wochen getitelt. Gemeint war damit die Verachtung, die Bundeskanzler Sebastian Kurz und einige andere hochrangige Politiker dem Ibiza-Untersuchungsausschuss öffentlich entgegenbrachten. Der ÖVP-Kanzler war nämlich der Meinung, dass er beim U-Ausschuss „zu Gast“ und nicht als Auskunftsperson vorgeladen war. Andere taten es ihm gleich. Dies liefert einen äußerst problematischen Einblick in die Einstellung „höchstrangiger Besucher“ zu einer parlamentarischen Aufklärung der Ibiza-Affäre. Und das, obwohl doch neben der FPÖ auch die ÖVP in der Untersuchung um  mutmaßliche Käuflichkeit eine große Rolle spielt. Im Gegensatz zu früheren Versuchen fragwürdige Regierungsentscheidungen aufzuklären, treten hier die vorhandenen Schwachstellen immer weiter in den Vordergrund. Ein derart provokantes Desinteresse haben Auskunftspersonen einer regierenden Partei vor einem parlamentarischen Ausschuss bisher noch nie gezeigt, auch erhielten sie bisher keine so freundliche Unterstützung des entsprechendes Gastgebers – in diesem Fall vom Nationalratspräsident persönlich. Vermutlich sind seine Popularitätswerte dem aktuellen österreichischen Kanzler etwas zu Kopf gestiegen. Anders ist es kaum zu erklären, dass er sich nicht einmal ein wenig Mühe gab, seine „Geringschätzung zu kaschieren“. Dies gilt für seinen ersten „Besuch“ vor dem U-Ausschuss als Auskunftsperson, ein zweiter, in dem er als Zeuge vorgeladen wird, steht noch aus. Überraschend war seine Haltung keineswegs. Schließlich pflegt er auch einen eher lockeren Umgang mit anderen Institutionen, wie beispielsweise dem Verfassungsgerichtshof.

Eine Gemengelage aus Erinnerungslücken

Finanzminister Gernot Blümel schien Kanzler Kurz in nichts nachstehen zu wollen. Er verhielt sich in der gleichen Art und Weise, was sogar Wolfgang Sobotka als provokant empfand. Blümel verwies bei der Befragung auf eine Erinnerungslücke, die ausgesprochen groß war. So groß, dass sie „... Anlass zur Sorge um seine kognitiven Fähigkeiten in diesem Alter“ bietet oder zumindest ein ebenso besorgniserregendes Licht auf „seine Einstellung zur Lüge“ wirft.  

Man kann durchaus sagen, dass der parlamentarische Untersuchungsausschuss aus dem dunklen Sumpf aus Gesetzeskauf, Postenschacher und Parteienfinanzierung schon einiges ans Tageslicht befördert hat. Manche Erkenntnisse wurden dabei eher per Zufall bekannt, wie beispielsweise die Planung zur „Privatisierung des Bundesrechenzentrums“ oder die Aufstockung eines Finanzierungsfonds für Privatkrankenanstalten, von der eine ÖVP-nahe Versicherung ebenso profitierte, wie ein Kumpel von Heinz-Christian Strache. „Ich glaube, dass die Medienöffentlichkeit allein wahrscheinlich nicht ausreicht, um die Öffentlichkeit von den Vorgängen in einem Untersuchungsausschuss authentisch zu informieren" gab hierzu Ilse Huber zu Protokoll.