Die Winterpause ist vorbei. Das gilt auch für Nachrichten rund um Heinz Christian Strache und seine Verstrickung in die österreichische Casinos Affäre. Zahlreiche Zeugen sind mittlerweile unter Eid vernommen worden. Was dabei herauskam gewährte einen tiefen Blick in österreichische Innenpolitik und in die Casinos Austria AG (CASAG), einen teilstaatlichen Konzern, der sich auf das Glücksspiel spezialisiert hat. Inzwischen gibt es neue Einvernahme-Protokolle, die den Verdacht schüren, dass Strache der Initiator dafür war, dass „... eine für Novomatic unvorteilhafte Novelle eingestampft wurde.“

Strache | Noch gilt die Unschuldsbehauptung

NovomaticEs geht um Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung. Diese Vorwürfe stehen bei der Bestellung Peter Sidlos (SPÖ) zum Finanzvorstand der CASAG im Raum, denn Sidlo war ganz und gar unqualifiziert für den Job. Um ihn dennoch auf diesen Posten zu hieven, bedurfte es weitreichender Unterstützung. So wurde beispielsweise dem Novomatic-Konzern, der ein Großaktionär der CASAG ist, ein „gewisses Entgegenkommen“ hinsichtlich zukünftiger Glücksspiellizenzen in Aussicht gestellt. Aber nicht nur Novomatic steht im Visier der Ermittler, sondern noch zehn weitere Beschuldigte. Zum jetzigen Zeitpunkt gilt für alle noch die Unschuldsbehauptung  

Novomatic außen vor

Ein wichtiger Zeuge in dem Verfahren ist Alexander Labak. Schon zu seiner Zeit als Chef der Casinos Austria AG war das Gerangel um eine eindeutige Gesetzeslage groß. Knapp zwei Jahre lang war er Vorstandsvorsitzender der CASAG, bis sein Vertrag plötzlich beendet wurde – vorzeitig. Er lernte kurz nach seiner Bestellung Heinz Christian Strache, den damaligen FPÖ-Chef und späteren Vize-Kanzler kennen. Dieser hätte sich sofort und sehr vehement für die Novomatic „stark gemacht“, führte Alexander Labak aus. Strache wetterte, dass es ein Skandal sei, dass die CASAG in einem Schulterschluss mit der großen Koalition den Novomatic-Konzern ganz „...systematisch vom Glücksspielmarkt ausschließt und Novomatic keine Casinolizenzen erhält.“ Unter der schwarz-blauen Regierung änderte sich diese „stiefmütterliche Behandlung“ jedoch. Als Argument führte Labak die sogenannte Glücksspielnovelle (Gesetzentwurf) an, die gegen Ende Februar 2018 ganz plötzlich spurlos verschwunden war. Das Finanzministerium hatte damals unter ÖVP-Mann Hartwig Löger einen Entwurf dieser Novelle zur Begutachtung herumgeschickt und nach nur drei Tagen wurde er wieder zurückgepfiffen. In dieser Glücksspielnovelle gab es einen Teil, dessen Inhalt sich um die Bekämpfung illegalen Glücksspiels „... mittels IP-Blocking im Internet“ drehte. Und ausgerechnet dieser Teil tauchte nie wieder auf. Novomatic schielte auf eine zweite Online Lizenz, allerdings war diese in der Novelle nicht vorgesehen. Die CASAG war und ist das einzige Unternehmen in Österreich mit einer entsprechenden Lizenz. 

Strache machte sich für Novomatic stark

Schon seit längerem kursiert das Gerücht, dass Heinz Christian Strache für den Rückzieher der Glücksspielnovelle mitverantwortlich ist, doch sein Anwalt dementierte. Alexander Labak sieht das allerdings anders, als der Strache-Anwalt. Er ist der Meinung, dass die sogenannte Novelle ganz klar ein „strategisches Projekt der CASAG“ war und wofür „... ein sehr intensiver Lobbyaufwand“ betrieben wurde. Es kam ja dann auch ziemlich schnell unter „enger Einbindung“ von Hartwig Löger, seinem damaligen Kabinettschef Thomas Schmid und Hubert Fuchs, dem ehemaligen blauen Staatssekretär für Finanzen zu einer Einigung bei dem Gesetzentwurf. Dieses Aus für ein Vorhaben, dass für den Novomatic-Konzern äußerst nachteilig gewesen wäre, kam „völlig unerwartet“. Aus diesem Grund hatte die damalige ÖVP-Vize-Chefin und CASAG-Finanzvorstand Bettina Glatz-Kremser eine Nachfrage an Schmid und Löger gerichtet und im Anschluss Alexander Labak über die „Intervention Straches“ in Kenntnis gesetzt. Der CASAG-Vorstand war sich einig, dass diese Novomatic-Unterstützung auf Straches Mist gewachsen war. Mehrfach hätten Dietmar Hoscher und Bettina Glatz-Kremser den Versuch unternommen, den alten Gesetzentwurf „wiederzubeleben“, blieben jedoch erfolglos. Laut zwei Vorstandmitgliedern der CASAG hatte sich die FPÖ „diesem Ansinnen widersetzt“, behauptet Labak.

Sidlo weder Longlist- noch Shortlist-tauglich 

Auch Dietmar Hoscher wurde als Zeuge befragt. Er stützt Labaks Aussage nicht. In puncto IP-Booking hätte er Heinz Christian Strache den Standpunkt der CASAG mitgeteilt. Strache hätte ihm hingegen „seinen Standpunkt dazu“ nicht erläutert. Es ist nicht verwunderlich, dass Hoscher mit der Freiheitlichen Partei Österreichs sprach, denn damals war er verantwortlich für Public Affairs und dazu gehörte u.a. auch „... die Betreuung der FPÖ“.

Alexander Labak äußerte sich auch zur Bestellung Peter Sidlos. Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner hatte ihm „politischen Druck“ von Löger angekündigt: „Ich bin mit der ganzen Angelegenheit auch nicht happy, aber wo ein politischer Wille ist, da ist ein politischer Weg", soll Rothensteiner zu ihm gesagt haben. Robert Chvátal, Chef des tschechischen CASAG-Großaktionärs Sazka, blies ins gleiche Horn. Rothensteiner hatte ihm gegenüber unmissverständlich geäußert, dass Sidlo ein Muss sei. Auch Novomatic-Boss Harald Neumann hatte sich eingemischt und Chvátal die Nominierung Peter Sidlos folgendermaßen erklärt: „Er steht der FPÖ nahe, deshalb ist Sidlo die beste Lösung für das Unternehmen.“ Chvátal bezeichnete diese Nachricht als „Cold Shower“. Bei einem ersten Kennenlern-Gespräch stellte er Sidlo die Frage, was in seinen Augen wohl die „größte Herausforderung für die CASAG“ sei und erhielt als Antwort: „Das Unternehmen muss sich auf eine Situation mit mehreren Online-Lizenzen vorbereiten“. 

Schon vor seiner endgültigen Bestellung hatte ein Angestellter des renommierten Personalberaters Egon Zehnder eine deutliche Skepsis hinsichtlich Sidlos geäußert. In dem Verfahren gab er nun zu Protokoll, dass Sidlo bei einer „normalen“ Mitarbeitersuche „... nicht nur nicht in die engere Auswahl (Shortlist) gekommen wäre, sondern nicht einmal auf die Longlist“. Ups! 

Mehr als nur ein Deal

Wenn man Alexander Labak Glauben schenkt, dann könnte es bei der Sidlo-Bestellung durchaus noch einen anderen Deal gegeben haben: ein sogenanntes Gegengeschäft. Seinen Angeben nach trug sich on top noch folgendes zu: Sollte Sidlo in den Vorstand der CASAG berufen werden, dann würde die FPÖ einer Bestellung Thomas Schmids als Alleinvorstand der ÖBAG zustimmen. Und so kam es dann ja auch. Und wo wir gerade bei Thomas Schmid sind: Im Frühling 2018 kam es zu einem Treffen zwischen Hartwig Löger, Sazka-Chef Karel Komarek, dem ehemaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling, Alt-Bundeskanzler Sebastian Kurz und Schmid selbst. Anlass war eine Art Friedenspakt. Sebastian Kurz wollte die zerstrittenen Aktionäre an einen Tisch bringen und zwischen dem Staat, Sazka und Novamatic vermitteln.