Österreich hat sich noch nicht von dem Ibiza-Video erholt, da rollt schon eine neue Korruptions-Lawine auf die Alpenrepublik zu. Wie gerade bekannt wurde, hat es Razzien gegeben, und zwar auf höchster Ebene: bei Novomatic, beim Finanzchef der Casino Austria AG und im direkten Umfeld der FPÖ. Wenn das kein Hammer ist.... Die Fahnder ermitteln in Sachen Postenschacherei und ganz oben mit dabei sind neben einigen anderen FPÖ-lern auch die beiden Ex-Spitzen Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus. Wenn sich die Vorwürfe der Korruption gegen hohe FPÖ-Mitglieder nicht abwenden lassen, scheint eine Koalition mit der Freiheitlichen Partei Österreichs ganz und gar unmöglich zu werden.
Staatsanwaltschaft ermittelt bei Strache und Novomatic
Immer häufiger taucht in politisch wichtigen Belangen der Name eines Unternehmens auf. „Novomatic zahlt alle," hatte Strache schon 2017 behauptet, als er noch nicht in der Regierung saß. Allerdings hatte Novomatic, der größte Glücksspielkonzern des Landes, damals jede Art der Parteispende in aller Form von sich gewiesen. „Alles nur eine b'soffene G'schicht", meinte daraufhin auch der Ex-Vizekanzler und distanzierte sich somit von seinen eigenen Äußerungen. Die Vermutung liegt nahe, dass Novomatic von einzelnen FPÖ-Spitzen Glücksspiellizenzen offeriert wurde. Um sich zu revanchieren unterstützte Novomatic dann die Bestellung von FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo als Finanzchef der Casino Austria AG. Der österreichische Staat, der nur einen Mindestanteil an der Casino Austria AG hält, konnte Sidlo nicht ohne fremde Hilfe auf diesen Posten setzen. Und da sich die Novomatic bei der Casino Austria eingekauft hatte, gelang der Coup ganz reibungslos – trotz großer Häme im eigenen Land und von der internationalen Presse. Die Korruptions- und Wirtschafts-Staatsanwaltschaft hat inzwischen umfangreiche Ermittlungen aufgenommen.
Online Casinos und Spielautomaten in Wien
Was im Einzelnen versprochen wurde, liegt derzeit noch im Dunkeln. Aktuell geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass dem Novomatic-Konzern zum einen Lizenzen für Online Casinos zugesagt wurden und zum anderen, dass sich einzelne FPÖ-ler dafür verbürgten, in Zukunft wieder Casino Spielautomaten in Wien aufstellen zu lassen – und zwar legal. Das war nämlich nach dem Ende des „kleinen Glücksspiels“ in der Bundeshauptstadt verboten. „Johann Gudenus vereinbarte mit Novomatic-Vorstand Harald Neumann, dass Novomatic als FPÖ-Kandidaten Peter Sidlo benennen sollte. In enger Abstimmung mit Heinz-Christian Strache wurde im Gegenzug eine wohlwollende Unterstützung der Novomatic durch die FPÖ ausgemacht. Gegenstand war insbesondere die Erteilung einer 'Casino Lizenz in Wien' und einer 'nationalen Online Gaming Lizenz'". So lautet die offizielle Formulierung im Durchsuchungsbeschluss.
Politische Angriffe und Unschuldsvermutung
Sowohl Novomatic, als auch die betroffenen Politiker wehren sich entschieden gegen die erhobenen Vorwürfe. Das sei alles „haltlos“, sind sie sich einig. Als „politische Angriffe“ bezeichnet Heinz-Christian Strache die Anschuldigungen und unterstellt, dass sie einzig und allein dazu dienen, seine Glaubwürdigkeit zu ruinieren. Auch wenn für alle Beteiligten selbstverständlich eine Unschuldsvermutung besteht, so stehen doch die Beziehungen zwischen Politik und Novomatic mal wieder im Rampenlicht. Schon mit Karl-Heinz Grasser, dem ehemaligen Finanzminister, soll das Unternehmen im regelmäßigen Kontakt gewesen sein und versucht haben, eine Glücksspiel-Lizensierung voranzutreiben und sich selbst Online-Gaming-Lizenzen zu sichern. Es gab sogar einen „über Nacht eingebrachten“ Gesetzentwurf, doch der wurde schneller wieder zu den Akten gelegt, als er formuliert werden konnte. Denn Raiffeisen, der ehemalige Großaktionär der Casino Austria AG, hatte erbittert interveniert. Die österreichische Justiz kam damals dahinter, dass Novomatic den Lobbyisten Walter Meischberger beauftragt hatte. 2017 wurde das Verfahren wegen Verdachts auf Untreue, Geschenkannahme und Bestechung nach sieben Jahren jedoch fallen gelassen. Auch der Standard berichtete.
Partner in Crime
Mehr als einmal zeigte sich, dass Politik und Novomatic eine Art „Partner in Crime“ sind. Ein weiteres Beispiel hierfür sind die Lizenzen für Spielautomaten in Wien und in Niederösterreich. Michael Häupl von der SPÖ und Erwin Pröll von der ÖVP – beide zu diesem Zeitpunkt Landeshauptleute – setzten sich dafür ein, dass der Konzern in Bruck an der Leitha und in Wien mit seinen unternehmerischen Vorhaben durchkommen sollte. Zwar hatte der zuständige Beirat im Finanzministerium Novomatic zunächst eine Absage erteilt, und stattdessen die Casino Austria AG favorisiert, doch am Ende siegte wieder mal Novomatic. Wenn auch nur kurz, denn die Vergabe wurde vom höchsten Gericht komplett aufgehoben. Nichts desto trotz steht eins fest: Novomatic beherrscht das Spiel mit der Politik und lässt die Zügel nicht locker. Zudem ist Novomatic noch immer hart am Ball wenn es um gute öffentliche Aufmerksamkeit geht. So hat die Firma, wie bereits berichtet, erst im Juli den Preis für den World Exhibition Stand Award gewonnen.
Zitterpartie für die FPÖ
Sofern sich die aktuellen Vorwürfe erhärten, sieht es nicht gut aus für die FPÖ. Die Affäre könnte der rechtspopulistischen Partei noch mehr schaden, als das Ibiza-Video. Zum einen sieht es für Strache und Gudenus auf der strafrechtlichen Seite deutlich übler aus, da sie zum Zeitpunkt der Vorwürfe beide Amtsträger waren. Zum anderen nimmt die Affäre auch politisch gesehen viel dramatischere Züge an. Die ganze Angelegenheit ist nicht als „ungeschickter Fehltritt“ zu bewerten, der durch einen Rücktritt wieder ausgeglichen werden könnte. Schließlich waren die beiden Oppositionspolitiker und überhaupt nicht befugt, über irgendwelche Staatsaufträge zu entscheiden. Ganz andere Dimensionen tun sich allerdings auf, wenn ein Vizekanzler, eins seiner Regierungsmitglieder und ein Glücksspiel-Unternehmen in Korruption verstrickt sind. Klar, dass das auch potentiellen Koalitionspartnern nicht verborgen bleibt. Natürlich hört die FPÖ nicht auf zu betonen, dass niemand von der aktuellen Parteispitze in die Vorfälle verwickelt ist. Wie lange sie diesen Kurs noch beibehalten kann, ist eine Frage der Zeit, denn immerhin handelt es sich nicht um irgendein Kavaliersdelikt, sondern um handfeste Bestechungsvorwürfe. Selbst wenn sie bisher noch nicht bewiesen sind. Wie bereits im berichtet, war die Stelle von Peter Sidlo schon öfter umstritten.