Jetzt ist es also soweit. Die FPÖ hat einen Schlussstrich unter Heinz-Christian Strache gezogen. Zumindest vorerst. Die Suspendierung von Straches Parteimitgliedschaft gab FPÖ Frontmann Norbert Hofer soeben bekannt. Dies sollte ein „Entgegenkommen“ sein, da Strache wenige Stunden zuvor erklärt hatte, dass er „... seine Mitgliedschaft ruhend“ stellen wollte. So etwas wie eine „Ruhendstellung“, wie von Strache angekündigt, steht allerdings in keiner Parteisatzung. Auch nicht in der Satzung der FPÖ. Das machte auch FPÖ-Chef Hofer in einem kurzen Presse-Statement klar und erklärte, dass es sich hierbei um „de facto eine Suspendierung“ handelt. Der Wiener Landesparteivorstand hat einvernehmlich mit dem Bundesparteivorstand Straches Suspendierung bestätigt. Die Frage, die sich hinsichtlich eines Parteiausschlusses stellt, bleibt jedoch zunächst noch unbeantwortet.
Chancen für Strache-Gattin Philippa stehen gut
Ein Parteiausschluss ist keinesfalls abwegig, denn sofern sich die gegen Strache erhobenen Vorwürfe in der Spesenaffäre erhärten, liegt diese Vorgehensweise durchaus im Bereich des Möglichen. Das Prozedere war mit Strache nicht abgestimmt, betont Hofer. Er weist darauf hin, dass er zuletzt vor ungefähr zwei Wochen mit Strache anlässlich einer Wahl-Kampagne gesprochen hatte. Noch vollkommen unklar ist derzeit, wie die FPÖ in Zukunft mit Straches Gattin Philippa umgeht. Sie kandidierte auf dem 3. Platz der Landesliste Wiens. Ihre Chancen auf ein Mandat stehen gut, sofern Harald Stefan, der auf dem 2. Platz landete, das Wahlkreis- anstatt das Landesmandat übernimmt – so wie ursprünglich vorgesehen. Hofer verweigerte hierzu eine klare Aussage. Man müsse erstmal das vollständige Endergebnis der Nationalratswahl abwarten, bevor sich die Wiener Landesgruppe zu dem Thema noch einmal berät, ließ er wissen. Strache selbst hatte sich via Facebook-Posting zu Wort gemeldet und seiner Frau gratuliert. Er drückte seinen Dank aus „bei allen Wiener Wählerinnen und Wählern, welche sie so eindrucksvoll zur Vorzugsstimmenkaiserin der FPÖ in Wien gewählt haben“. Der aktuelle Auszählungsstand besagt, dass Frau Strache genau 1.917 Vorzugsstimmen erhielt. Für die FPÖ waren das die meisten. Für eine gesetzliche Vorreihung reichten sie allerdings nicht aus, auch wenn Heinz-Christian Strache bereits von einem „klaren Wählerauftrag und Wählerwunsch“ spricht, der „mit großer Verantwortung“ verbunden sei.
Parteiausschluss zuvorgekommen
Durch eine schnellstens einberufene Pressekonferenz wollte Strache die Zügel in der Hand behalten. Mit seiner Aussage über eine „ruhende Parteimitgliedschaft“ wollte er offensichtlich seiner Suspendierung und dem drohenden Parteiausschluss zuvorkommen. Im Laufe der Pressekonferenz betonte er, dass er „eine Zerreißprobe und Spaltung der FPÖ um jeden Preis zu verhindern“ sucht. Auch von seinem „völligen Rückzug aus der Politik“ sprach er, betonte aber seine loyale Haltung der „freiheitlichen Familie“ gegenüber. Damit beugte er Gerüchten vor, die ihn schon als Chef einer eigenen Partei sahen, mit der er bei der Wiener Landtagswahl antreten könnte. Darüber hinaus verteidigte er seinen Sohn und seine Ehefrau: „Ich möchte sie keine Sekunde länger leiden sehen.“
Schon einige Tage zuvor drangen die Rufe nach Parteiausschluss und Suspendierung Straches aus der FPÖ-Zentrale. Man lastete ihm das desaströse Wahlergebnis bei der Nationalratswahl an und schob ihm innerparteilich die verlorenen rund zehn Prozentpunkte in die Schuhe. Das Hauptaugenmerk an der Strache-Kritik liegt nicht nur im „Ibiza-Video“, durch das die Neuwahlen notwendig wurden. Auch die Spesenvorwürfe, bei denen es sich u.a. um ein fettes Spesenkonto und Mietzuschüsse von monatlich 2.500 Euro handelt, nehmen ihm die Parteifreunde übel. Manfred Haimbucher, Landesparteichef von Österreich, war übrigens der erste, der ganz deutlich die Suspendierung Straches forderte. Und mit seinem totalen Rückzug aus der Politik hat Strache nun augenscheinlich auf die nicht enden wollenden Rücktrittsrufe reagiert, die mit der „Ibiza-Affäre“ begannen und seit dem Novomatic-Deal immer lauter wurden. Damals hatte er ein Geschäft mit dem Glücksspielunternehmen ausgehandelt. Sofern Peter Sidlo (FPÖ) von der Casinos Austria AG in den Finanzvorstand gehievt wird, wurden dem Novomatic-Konzern Casino-Lizenzen in Wien versprochen sowie zusätzlich nationale Online Gaming Lizenzen für österreichische Online Casinos. Alles weitere dürfte noch hinreichend bekannt sein.
FPÖ sucht neuen Look
Nicht nur die Personalie Strache stand ganz oben auf der Besprechungs-Agenda des FPÖ-Präsidiums und –Vorstands. Es ging auch um die Nominierung von Norbert Hofer zum Dritten Nationalratspräsidenten und darum, dass Herbert Kickl Klubchef werden soll. Außerdem wird die FPÖ Arbeitsgruppen einrichten, die sich um die Neuaufstellung kümmern. In diesem Zusammenhang versprach Hofer, dass man „die strengsten Compliance-Regeln von allen Parteien haben“ werde. Die Federführung liegt bei Landesparteichefs Haimbuchner, gemeinsam mit „einigen sehr schwergewichtige Personen aus der Wirtschaft“. Um Parteiausschlüsse wird sich in Zukunft ein Weisenrat kümmern. Na denn!
Die Partei will sich nun auch einen moderneren Auftritt verschaffen. Für die Ausarbeitung dieses „neuen Looks“ zeichnen folgende Personen verantwortlich: Marlene Syazek (Landesparteichefin in Salzburg), Andreas Rabl (Bürgermeister von Wels) und Christof Bitsche (Parteichef Vorarlberg). Die anstehende „Modernisierung“ heißt aber nicht, dass „... wir uns von den Inhalten verabschieden“, betonte Hofer. Bei einer Klausur, die voraussichtlich Anfang Dezember stattfindet, sollen „erste Schritte“ beschlossen werden. Der Ex-Verteidigungsminister und jetzige FPÖ-Chef der Steiermark Mario Kunasek stimmte ein großes Lob für diese Pläne an. „Der Weg stimmt,“ sagte Kunasek zuversichtlich.
Allerdings wollte sich Norbert Hofer nicht zu der Frage äußern, die ganz deutlich im Raum stand: „Wird die FPÖ – wie angekündigt – den Weg in die Opposition einschlagen?“ Partei-Kollegen waren mit der Antwort weniger zimperlich, wie beispielsweise Herbert Kickl. Der hatte nachmittags während der Sitzung ganz fröhlich auf Facebook gepostet, dass die Oppositionsbank der richtige Ort für seine Partei sei. Schließlich hätte die FPÖ „keinen Auftrag für eine Regierungsbildung“ bei mickrigen 16.1 Prozent Stimmen, sagte der ehemalige Innenminister. Er ist eindeutig dafür, den Kurs weiter fortzusetzen „den wir 2017 erfolgreich begonnen haben“, aber auch, „dass es dazu eine gewisse ‚Einwaage‘ braucht“.
Als Grenze dafür hatte sich die Partei auf ein Minimum von 20 % der Stimmen geeinigt. Dieses Ziel ist nicht erreicht worden. „Jetzt sind es weniger geworden. Und da muss man dann auch konsequent bleiben.“