Der neue Glücksspielstaatsvertrag 2012 wirft seine Schatten voraus. So war er bei allen Themen der 14. Jahresfachtagung für Sportwetten und Glücksspiel in Offenbach am Main, wenn nicht im Vordergrund, aber häufig virtuell vorhanden. Die im Sheraton Hotel Offenbach am Main stattfindende eintägige Veranstaltung vom 27. 2019 brachte zahlreiche Experten zusammen, die in teilweise kontrovers geführten Runden, aktuelle Themen referierten und diskutierten. Dabei war eine Kernfrage der Tagung, ob das schleswig-holsteinische Modell Vorbildfunktion für eine gesamtdeutsche Lösung des Online Marktes sein kann. Aber nicht nur zukünftige Themen wurden behandelt, auch aktuelle Herausforderungen des Marktes wurden genauer beleuchtet und diskutiert.  

Landtag Schleswig Holstein„Schleswig-Holstein-Modell“ im Mittelpunkt der Tagung

Auf der Agenda der Fachtagung waren diesjährig umfangreiche Themen vertreten. So wurde die aktuelle Rechtsbesprechung beleuchtet, das Thema „Vom Gaming zum Gambling“, der Rechtsrahmen für Online Gambling in Europa, Verteidigung der digitalen Souveränität, das GlüG in Schleswig-Holstein, Chancen und Tücken bei der Durchsetzung des Online-Glücksspielrechts und das Thema „Geldwäsche – Neue Anforderungen für Glücksspielanbieter“. Als Referenten waren Experten aus Forschung und Wissenschaft vertreten, wie Prof. Tilman Becker von der Universität Hohenheim (Experte für Agrarmärkte und Agrarmarketing, Forschungsstelle Glücksspiel), Prof. Dr. Jörg Ennuschat von der Ruhr-Universität Bochum (Experte für öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungsrecht), Dr. Ingo Fiedler von der Universität Hamburg (Experte für Sozialökonomie), Prof. Dr. Jörg Philipp Terhechte von der Universität Lüneburg (Experte für Öffentliches Recht, Europäisches und Internationales Recht sowie Kartell- und Regulierungsrecht, Center for Gaming Law & Culture) und Dr. Marc von Meduna von der Universität Hamburg (Experte für Psychologie und Kognitionsforschung, Glückspielforschung). Von Seiten der Politik nahm der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag Hans-Jörn Arp teil, der federführend mit Wolfgang Kubicki an der Entwicklung des schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz beteiligt war. Geleitet wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Markus Ruttig, Anwalt im C. H. Beck Verlag in Köln. 

Kontroverse Diskussionen über Glücksspielstaatsvertrag 2012

So prallten bei dem Kernthema „Schleswig-Holstein-Modell“ die Meinungen vehement aufeinander. Prof. Tilmann Becker bezeichnete dieses Modell als „Camouflage“, angelehnt an die ursprüngliche Nutzung des Begriffes für militärische Tarnkleidung und -anstriche. Diese würde nämlich ihre nur in dem Bundesland gültigen Lizenzen nutzen, um Luxemburgweit mit ihren Produkten zu werben und somit dem Verbraucher eine Legalität vorgaukeln, die nicht der Realität entspräche. So würden Nutzer, die nicht genau hinschauen oder sich informieren, häufig auf der Suche nach werbenden Anbietern auf unregulierten .com-Seiten landen und nicht auf den regulierten .de Seiten. Als Lösung für diese Problematik schlug er vor, zukünftig nur Lizenzen an Anbieter zu vergeben, die einer Zertifizierung durch ein Testlabor erhalten haben, das sicherstellt, dass kein Traffic auf .com Seiten umgeleitet wird. Dem widersprach Hans-Jörn Arp heftig und stellte die Gegenthese auf, dass es nur eine Camouflage sei, da nicht alle Bundesländer dem Norddeutschen Modell folgten. Laut seiner Meinung gibt es“einen riesengroßen Online-Markt, der sich nicht verbieten lässt, weder durch Geoblocking noch durch sonstige Maßnahmen. Deshalb müssen wir ihn kontrollieren." Er setzt sich für eine bundeseinheitliche Lösung ein, die sich an den Realitäten orientieren soll. „Die Live-Wette außen vorzulassen, geht zum Beispiel an der Realität vorbei." In diesem Punkt waren sich fast alle Experten einig, dass eine neue Gesetzgebung nur an realen Bedingungen geknüpft sein kann. Auch gerade in Bezug auf Online Casinos. In deren Legalisierung sieht aber Axel Holthaus, Geschäftsführer der Toto-Lotto Niedersachsen GmbH, eine Gefahr, da dadurch das Lotteriemonopol gefährdet sei.