Netzsperren gegen Online Casinos beschlossen
Wer immer noch glaubt, dass eine Demokratie gegen die schädlichen Einflüsse von Zensur, Propaganda und dem Beschneiden der persönlichen Freiheit immun wäre, dem sollte die Entwicklung, die sich seit einigen Monaten unter dem Deckmantel des Guten vollzieht, zu Denken geben. In Luxemburg sprechen sich immer mehr Politiker, wie der Justizminister Heiko Maas oder der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz für ein hartes Vorgehen gegen sogenannte Fake News aus. Zeitungen, aber auch soziale Medien wie Facebook, sollen falsche Nachrichten löschen. Personen, die diese verbreiten oder ins Netz stellen, sollen mit Geldstrafen und Gefängnis bedroht werden. Wer aber entscheidet was Fake News sind? Wer ist überhaupt im Besitz der allgemeingültigen Wahrheit? Während unter diesem Gesichtspunkt die Lügen von Regierungen, wie der Tonkin-Zwischenfall, der zum Kriegseintritt der USA gegen Vietnam führte, die Brutkastenlüge oder die gefälschten Beweise, über die angeblich vorhandenen Massenvernichtungswaffen von Sadam Hussein, die ebenfalls zu zwei Kriegen der USA führten, nie ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangt, da sie schon vorher vom Wahrheitsministerium als Fake News deklariert und gelöscht wurden? Doch nicht nur in Luxemburg erheben sich Politiker zu selbsternannten Hütern der Gehirne ihrer Untertanen, auch in der Schweiz ist nun ein Damm gebrochen, der die persönliche Freiheit jedes Einzelnen beschneiden wird. Mit 147 zu 32 Stimmen, bei 7 Enthaltungen, sprach sich nun, nach dem Bundesrat und dem Ständerat, auch der Nationalrat für die Einführung von Netzsperren gegen Online Casinos aus dem Ausland aus.
Im Jahr 2012 sprach sich die Mehrheit der stimmberechtigten Bevölkerung in der Schweiz für ein neues Geldspielgesetz aus, dass die beiden alten Regelwerke, das Lotteriegesetz von 1923 und das erst 1998 erlassene Spielbankengesetz, zusammenführen sollte. Wohl kaum jemand ahnte vor rund fünf Jahren, dass eines Tages die ausführenden Volksvertreter einmal Netzsperren zum Wohle der Schweizer Casinos hineinschrieben würden.
Auch das Nein zu Netzsperren durch die Rechtskommission half am Ende nicht
„Tiefpunkt, Zensur“ und „Ich komme mir vor wie in Nordkorea oder in China.“ schallte es es gestern im Nationalrat der Schweiz durch das Parlament und die Mikrofone zahlreicher Pressevertreter. Denn obwohl noch Mitte Januar die Rechtskommission mit 13 zu 12 Stimmen sich gegen die Einführung von Netzsperren für ausländische Anbieter von Online Casinos ausgesprochen hatte, stimmte nun die überwältigende Mehrzahl der Abgeordneten eben genau für diese Maßnahmen. Gegenüber der Empfehlung der Rechtskommission, die Netzsperren als unverhältnismäßig und als untauglich betrachtete, wurden auch drei weitere Anträge ins Parlament zum neuen Schweizer Glücksspielgesetz eingebracht. Die Parteien SP und CVP brachten dabei gemeinsam mit der FDP den Minderheitenantrag ein, der am Ende mit den 147 Stimmen angenommen wurde und zu den Netzsperren führen wird. Hierbei ist schon verwunderlich, dass eine Partei wie die FDP, die sich selbst als Freiheitlich-Liberal versteht, zu den Befürwortern von Zensur und Marktabschottung gezählt werden muss. Gegen zukünftige Netzsperren sprach sich nur die Parteien der Grün-Liberalen aus, sowie einzelne Vertreter der anderen Parteien.
Um einen Kompromiss zu finden und von Netzsperren abzusehen schlugen die Grünen vor, dass verbotene Spiel-Angebote durch Suchmaschinen nicht mehr angezeigt und außerdem keine Werbung für diese Angebote mehr geschaltet werden dürfe. Dieser Antrag konnte sich jedoch nicht durchsetzen.
SVP und SP – gestern so heute so
Einen bemerkenswerten Wandel, der wohl durch massiven Lobbyismus von Seiten der Schweizer Casinos entstanden sein wird, vollzog die SVP. Während es in der Abstimmung der Rechtskommission vor allem den 9 Stimmen der SVP zu verdanken war, die sich einstimmig gegen die Einführung von Netzsperren aussprachen, dass mit 13 zu 12 Stimmen, dieses Instrument nicht in den Vorschlag für die Debatte im Nationalrat aufgenommen wurde, war es nun am 1. März die gleiche Partei, die sich nun wiederum genau für die Netzsperren im angenommen Minderheitsantrag aussprach. Auch bei der anderen großen Partei in der Schweiz gab es über die letzten Monate einen deutlich Sinneswandel in Bezug auf dieses brisante Thema und der damit verbundenen Aussperrung von ausländischen Online Casinos in der Schweiz. Während im Dezember 2015 sich noch bei einer Delegiertenversammlung die Mehrheit der Parlamentarier und Parteimitglieder der Meinung der Juso anschloss, die unmissverständlich mit dem Spruch: „Die SP will keine Netzsperren, da diese ein Mittel der Zensur darstellen.“ klar und deutlich aufzeigte, was sie davon hielt, stimmten bereits in der Rechtskommission sämtliche Mitglieder der SP für die Einführung dieses drakonischen Mittels.
Justizministerin Simonetta Sommaruga von der SP machte sich besonders für die Netzsperren stark. Ihrer Meinung nach eignet sich dieses Mittel sehr wohl dazu, Zocker vom Besuch ausländischer Online Casinos fernzuhalten und durchschnittliche Spieler seien froh, wenn sie beim Öffnen einer Seite einen Hinweis bekämen, dass das Angebot illegal sei.
Nur Schweizer Casinos dürfen in Zukunft Online Casinos betreiben
Zwar wird die ganze parlamentarische Diskussion, um das neue Geldspielgesetz am 15. März weitergeführt und dann sollen auch der wichtige Punkt über die zukünftige Besteuerung von Gewinnen aus Online Casinos, Spielbanken und Lotto geklärt werden, doch sind schon jetzt in anderen Bereichen mit den bisher gemachten Abstimmungen die Würfel gefallen. In Zukunft darf in der Schweiz nur dann jemand Spielautomaten, Roulette oder andere Formen des Glücksspiels in Online Casinos anbieten, der auch in der Schweiz eine Spielbank betreibt. Dafür wird die Konzession um den Punkt der Internetcasinos erweitert. Alle anderen Anbieter aus dem Ausland oder die kein eigenes, lizenziertes Casino in der Schweiz betreiben, werden mit Hilfe von Netzsperren ferngehalten. Hierfür werden zur Durchsetzung dieser Maßnahme die Provider dazu verpflichtet, ihren Kunden den Zugang über ihren Internetanschluss auf die Angebote dieser Online Casinos zu verwehren. Anders als noch im Vorschlag des Bundesrats, der auch schon vorher den Ständerat passiert hatte, sollen nun allerdings die Provider für ihren „Service“ dafür entschädigt werden.
Auch Evi Allemann (SP/BE) verteidigte die Netzsperren und die Bevorzugung der Schweizer Casinos mit den Worten: "Sperren liegen in unserem Interesse, da wir Regeln für den Umgang mit den Spielerträgen haben und einen stärkeren Spielerschutz wollen. Der Rat habe ja auch beschlossen, dass nur Casinos mit Schweizer Sitz eine Online-Konzession erhalten dürften."
„Schweiz at first“ und „make the Schweiz great again“ lautet die Devise
Wie böse hallte es noch durch den deutschen und schweizer Blätterwald und aus den Mündern der Politiker, als Donald Trump in seiner Antrittsrede mit den Schlagworten „America first“ und „buy by american, hire americans“ den Schutz der US-amerikanischen Wirtschaft als oberstes Ziel ausgab. Von einem Rückschritt zum Nationalismus und einem Erstarken längst vergangener Ideologie war zu lesen und zu hören. Doch „Wer frei von Sünde ist, der werfe den ersten Stein“, wusste schon Jesus zu predigen und nichts passt besser auf die Schweizer Volksvertreter als diese Aussage. Denn neben den immer wieder gern verwendeten Feigenblättern Spielerschutz und Kampf gegen Spielsucht, obwohl gerade einmal mit 4,5 Millionen Franken nur rund 0,3 Prozent der horrenden Einnahmen aus Lotto und Abgaben der Schweizer Casinos, tatsächlich in Prävention und Behandlung von Spielsucht investiert werden, stehen hier ganz andere Interessen an erster Stelle. Denn gewaltige Geldbeträge fließen aus den Gewinnen mit dem Glücksspiel an die Kantone, im letzten Jahr rund 600 Millionen Franken, an die AHV, die Alters- und Hinterlassenenversicherung der Schweiz, im letzten Jahr knapp 273 Millionen Franken und an die Sport-Toto-Gesellschaft, im letzten Jahr 33,6 Millionen Franken. Seit 2007 sind die Einnahmen, vor allem der Schweizer Casinos durch die Konkurrenz an Online Casinos, stark rückläufig und haben sich um fast ein Drittel reduziert. Kein Wunder also, dass hier die unsägliche Verbindung aus Politikern, von denen auch noch viele bei den Casinos oder der Sport-Toto-Gesellschaft gut dotierte Pöstchen innehaben und den Schweizer Spielbanken, alles daran gesetzt haben, den Schweizer Markt von der unliebsamen Konkurrenz sauber zu halten.
Laut dem Abgeordneten Karl Vogler gehen jedes Jahr rund 250 Millionen Franken durch Online Casinos verloren, da diese in der Schweiz keine Steuern zahlen. Eine beträchtliche Summe, die den Fleischtöpfen entzogen wird. Allerdings hätte eine einfache Regulierung des Marktes und die Lizenzierung ausländischer Anbieter, wie in Dänemark, diesen Umstand sofort beendet, ohne Netzsperren einführen zu müssen. Von dem neuen Geldspielgesetz profitieren einzig und allein die Schweizer Casinos und diverse Politiker.
Die Netzsperren gegen Online Casino werden erst der Anfang sein
Egal ob sich um die Diskussion über die Bestrafung und Löschung von Fake News dreht, den immer größeren Hunger nach persönlichen Daten durch Regierungen oder eben nun um die Einführung von Netzsperren, immer wieder gibt es unzählige Menschen, die nach dem blauäugigen Motto: „Ich habe doch nichts zu verbergen und Glücksspiel interessieren mich nicht.“ agieren und denen die Tragweite dieser Entscheidungen gar nicht bewusst wird. Denn ist erst einmal ein Tabu gebrochen, wird jeder weitere Schritt in eine fatale Richtung immer einfacher. Politiker begründen die Netzsperren nämlich nicht nur mit Suchtprävention oder entgangenen Steuereinnahmen, sondern auch mit der Unmöglichkeit des Durchsetzens des Schweizer Rechts, da die meisten Anbieter von Online Casinos nicht in der Alpenrepublik ansässig sind und sich so der Gerichtsbarkeit der Schweiz entziehen würden. Was im ersten Augenblick logisch klingt, ist ein Versäumnis der Politik, denn andere Länder haben schon gezeigt, dass eine Liberalisierung und Regulierung des eigenen Glücksspielmarktes sehr wohl geht und viele Anbieter wollen auch Steuern zahlen und sich dem Recht in der Schweiz unterwerfen, aber dafür braucht es nun einmal Lizenzen, die es in der Schweiz in Zukunft aber nur für die einheimischen Casinos geben wird. Der viel gefährlichere Punkt ist jedoch, dass in Zukunft Schweizer Hotels ebenfalls Netzsperren gegen ausländische Dienstleister wie beispielsweise Airbnb fordern können, die nicht der Schweizer Gerichtsbarkeit auf Grund des Hauptsitzes im Ausland und dem Angebot übers Internet unterliegen oder Taxiunternehmer sich um eine Netzsperre gegen Uber stark machen könnten. Auch unzählige Onlineshops könnten für Schweizer Bürger in Zukunft unzugänglich werden, denn auch Sie bedrohen Schweizer Firmen und Dienstleister und zahlen ihre Steuern vornehmlich im Ausland. Hier wird die Büchse der Pandora geöffnet, mit ungeahnten Konsequenzen für die Zukunft.
Franz Grütter (SVP/LU) mahnte: „Sperren entsprächen nicht dem freiheitlichen, demokratischen Gedankengut. Das tun Diktaturen." Er warnte ebenfalls vor einer neuen Welle des Protektionismus: "Beschließen wir den Dammbruch, ist das der Anfang von noch viel mehr."
Lesen Sie hier in unserem zweiten Teil über Politiker, den Schweizer Casinos und dem ungeheuren Lobbyismus, der die Schweiz mit Netzsperren auf den Weg zum europäischen Nordkorea führt.