Der Ibiza-U-Ausschuss kann sich über mangelnde Arbeit wirklich nicht beklagen. Unter anderem muss er sich mit den ganzen Änderungen für das Glücksspiel befassen, die die türkis-blaue Regierung geplant und vorbereitet hatte. Wie dem Untersuchungsausschuss mittlerweile klar geworden ist, lag die Zuordnung dieses Themas eigentlich und nominell bei Hubert Fuchs (FPÖ), dem Staatssekretär des Finanzministeriums. Die entsprechenden Änderungen im Glücksspielgesetz wurden allerdings vom ÖVP-Ministerkabinett durchgeführt, das vermutlich nicht mehr mit der Online Glücksspiel Lizenz-Versteigerung bis 2027 warten wollte.

Wollte die ÖVP Online Glücksspiel Lizenzen schon vor Ablauf der Frist verlängern?

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Jan Krainer (SPÖ) ist der Fraktionsführer seiner Partei im Ibiza-Untersuchungsausschuss. Er sagt, dass die Aktenlage sowie die vorliegenden Unterlagen aufzeigen, „... dass der ÖVP zwei Punkte besonders wichtig waren: Das Verbot des kleinen Glücksspiels in Wien aufheben und die Neuvergabe von Online-Glücksspiel-Lizenzen. Für den Glücksspielkonzern Novomatic wäre das wie Weihnachten und Ostern zusammen gewesen." In seiner Erklärung geht er noch weiter und spricht den Verdacht aus, „... "dass die ÖVP keineswegs bis 2027 warten wollte mit der Versteigerung von Online-Glücksspiel-Lizenzen". Dass die Online Lizenzen kein Thema gewesen wären, war und ist jedoch eins der Hauptargumente der ÖVP und ihrer Auskunftspersonen vor dem Ibiza-U-Ausschuss. Zu ihnen gehören u. a. Stefan Krenn sowie Harald Neumann vom Novomatic-Konzern, und aus dem Löger-Kabinett eine enge Mitarbeiterin, Eva S., sowie Thomas Schmid, der Kabinetts-Chef Lögers. Sie verwiesen immer wieder darauf, dass „... die bestehende Online Lizenz bis 2027 vergeben“ wäre und sich schon allein aus diesem Grund in den kommenden sechs Jahren nichts ändern werde. Nun äußert sich Jan Krainer ganz anders dazu: „Dieses Argument ist zerbröselt.“ Soeben berichtete nämlich die „Kronenzeitung“, dass der Lizenzgeber die Online Lizenz jederzeit kündigen kann. In diesem Fall heißt das: Das Finanzministerium kann von heute auf morgen der Österreichischen Lotterien, einer CASAG-Tochter, die Lizenz entziehen. Selbst wenn man demnach so etwas wie einen sogenannten Vertrauensschutz mit einrechnet, ist eine Neuvergabe der Lizenz für das Online Glücksspiel schon weitaus früher möglich, als erst im Jahre 2027. Natürlich nur dann, wenn auch eine entsprechende Novelle des Glücksspielgesetzes vorliegt.

Daher ist nun für Jan Krainer klar: „Mit diesem Hintergrund sehen wir, wie die ÖVP im Kabinett von Finanzminister Löger von Anfang an daran gearbeitet hat, eine für die Novomatic günstige Gesetzesänderung vorzubereiten." In diesem Zusammenhang verweist er auf ein internes Arbeitspapier, das ursprünglich in der Glücksspiel-Abteilung des Bundesministeriums für Finanzen existiert hat und welches „... Ziele und Nicht-Ziele einer möglichen Novelle des Glücksspielgesetzes“ beinhaltet. Allerdings ist dieses Arbeitspapier vom „... Kabinett des Finanzministers grundlegend überarbeitet“ worden. Dies hatte zum Ergebnis, dass aus den ehemals vorgesehenen Nicht-Ziele nun doch ganz ausdrückliche Ziele wurden. Das betrifft selbst das kleine Glücksspiel. Auch an diesem Punkt wurde plötzlich aus einem Nicht-Ziel ein Ziel. Demnach war der Wille der ÖVP, dass die Länder „... die Kompetenz für das kleine Glücksspiel“ verlieren und somit natürlich auch die Möglichkeit eines Verbots des kleinen Glücksspiels. Dieser Bereich sollte in die Zuständigkeit des Bundes fallen, der dann auch bundesweit für die Zulassung des kleinen Glücksspiels zuständig wäre. Hinzu kommt die Nicht-Ziel-Änderung im Bereich der Online Lizenzen. Zum neuen Ziel wurde die "Versteigerung von Online-Glücksspielkonzessionen". So steht es in dem Arbeitspapier des Bundesministeriums für Finanzen, das vom Kabinett überarbeitet wurde und den Titel trägt: „Glücksspielregulierung Neu - Zukunftsmodell 2024".

Ibiza-U-Ausschuss befasst sich nicht nur mit der Versteigerung von Online Glücksspiel Lizenzen

Jan Krainer vertritt neben Eva Maria Holzleitner und Christoph Matznetter die SPÖ im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Ibiza-Affäre, der am 22. Januar 2024 ins Leben gerufen wurde und am 4. des gleichen Jahres seine Arbeit aufgenommen hat. Er wurde eingesetzt, um die mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Regierung unter die Lupe zu nehmen. Die FPÖ wird dort von Susanne Fürst und Christian Hafenecker vertreten, die NEOs von Stephanie Krisper, die Grünen von David Stögmüller sowie von Nina Tomaselli und last but not least Wolfgang Gerstl, Martina Kaufmann, Klaus Fürlinger, Friedrich Ofenauer und Ernst Gödl vertreten die Volkspartei im U-Ausschuss. Den Vorsitz hat Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka übernommen und als Verfahrensrichterin wurde die ehemalige Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs, Ilse Huber, bestellt. Ihre Stellvertretung übernahm der frühere Vizepräsident des Oberlandesgerichts Wien, Wolfgang Pöschl. Als Verfahrensanwalt zeichnet Andreas Joklik verantwortlich. Seine Stellvertreterin ist Barbara Weiß, eine Bundesverwaltungsgericht-Richterin.

Bei der Ibiza-Affäre, die auch Ibiza-Gate oder Strache-Affäre genannt wird, handelt es sich um den größten österreichischen Polit-Skandal, den die Alpenrepublik jemals erlebt hat. Die ganze Affäre führte dazu, dass die Regierungskoalition aus FPÖ und ÖVP im 2019 zerbrach. Am darauffolgenden Tag waren Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) sowie Nationalrats-Abgeordneter und ehemaliger FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus die ersten, die von all ihren Parteifunktionen und politischen Ämtern zurücktraten.

Bisher tagte der Ibiza-U-Ausschuss schon 47 Mal. Die kommende Sitzung ist für den 25. 2024 anberaumt. Als Ende ist derzeit der Sommer dieses Jahres vorgesehen. Ob die Zeit jedoch ausreicht, ist absolut ungewiss, da beinahe wöchentlich neue Indizien, Hintergründe und Widersprüche ans Tageslicht kommen.